Gemeinsames Leben

Was hat meine Gemeinde mit Mission zu tun?

Von Ryan King

Ryan King ist in der Austin Stone Community Church in Texas (USA) für den Missionsbereich verantwortlich.
Artikel
01.06.2023

Der Missionsbefehl Christi in Matthäus 28,16–20 ergeht oft als ein Ruf an einzelne Christen, darüber nachzudenken, als Missionar in die Welt zu ziehen. Es ist durchaus ein Text, über den jeder Nachfolger Jesu nachdenken und den er im Leben anwenden sollte. Allerdings ist eine primär individualistische Anwendung dieses Auftrags mehr dem Denken unserer westlichen Kultur entsprungen als einem natürlichen Verständnis des Textes.

Das Gebot Christi wurde der Gemeinde gegeben

Gemäß Vers 16 waren die elf Jünger die ursprünglichen Hörer dieses Gebots. Die Apostel sind hier keineswegs nur als Einzelpersonen zu betrachten, die Christi Lehren individuell befolgen sollten – jeder für sich. Diese Männer waren die Gründer und Leiter der Gemeinde, die durch ihr Zeugnis und die Kraft des Heiligen Geistes gegründet werden und wachsen sollte. Es war selbstverständlich, dass jedes ihrer Gemeindemitglieder gelehrt wurde, alles zu befolgen, was der Herr befohlen hatte, einschließlich des Auftrags, alle Nationen zu Jüngern zu machen.

Das Gebot Christi wurde allen Gemeindemitgliedern gegeben

Häufig scherzt man, dass „Missions-Sonntage“ für Wochen geplant werden, in denen eine niedrige Anwesenheit im Gottesdienst erwartet wird. Man könnte vermuten, dass Predigten über die Evangelisation der Völker nur für einen kleinen Teil der Gemeinde bestimmt sind – für Männer und Frauen, die bereits dazu neigen, über Menschen aus anderen Ländern nachzudenken oder mit ihnen in Beziehung zu treten. Das würde Sinn ergeben, wenn (a) eine Affinität zu den Völkern und Kulturen die Hauptmotivation wäre, um die Nationen mit dem Evangelium zu erreichen und (b) das einzige Mittel des Gehorsams gegenüber dem Befehl Christi darin bestünde, tatsächlich sein Zuhause zu verlassen und um des Evangeliums willen woanders zu leben.

Beides ist jedoch nicht der Fall. Die ultimative Motivation, das Evangelium zu verkünden und Jünger zu machen, ist nicht in der Soziologie verwurzelt. Was uns antreibt, die Botschaft des Evangeliums zu verbreiten, ist der unermessliche Wert und die Herrlichkeit Christi. Aus der Begeisterung über unseren Gott, die uns zu Anbetung und Gehorsam drängt, sollte ebenfalls der Wunsch entspringen, diese Begeisterung im Leben derer zu sehen, die ihn noch nicht kennen.

Darüber hinaus bedeutet die Umsetzung des Missionsbefehls nicht nur das Hingehen, sondern auch das Gebet zum Herrn der Ernte für mehr Arbeiter (vgl. Lk 10,2), deren Aussendung (wie die Gemeinde von Antiochia es mit Barnabas und Saul tat, vgl. Apg 13,2–3), sowie deren Unterstützung als „Mitarbeiter der Wahrheit“ (3Joh 8). Es ist ein gemeinsames Bestreben, das jedes Glied des Leibes Christi einbezieht. Unser Ziel ist es also nicht, jeden davon zu überzeugen, Missionar zu werden, sondern jedem in unseren Gemeinden zu helfen, mit einer Mentalität der weltweiten Evangelisation zu denken und zu handeln.

Der Befehl Christi wurde allen Gemeinden gegeben

Der Auftrag, hinzugehen und alle Nationen zu Jüngern zu machen, wurde den Gemeinden in jeder Nation gegeben. Das Evangelium verbreitet sich weiterhin auf der ganzen Welt, und während sich die Gemeinden vermehren und an Reife zunehmen, entsenden und unterstützen auch sie wiederum Missionare. Tatsache ist, dass Gemeinden weltweit stark an der internationalen Mission beteiligt sind. Es ist auf keinen Fall nur ein westliches Engagement.

In Anbetracht dessen gibt es zwei potenzielle Fallstricke für westliche Gemeindeleiter. Auf der einen Seite könnten wir versucht sein zu glauben: „Wenn WIR nicht gehen, wie werden sie dann hören?“ Der Auftrag, das Evangelium in jeder Sprache, jedem Stamm und jeder Nation zu verkünden, mag ausschließlich den Gemeinden in Amerika und Europa zugeordnet werden. Dabei werden die Brüder und Schwestern auf der ganzen Welt außer Acht gelassen, die Seite an Seite mit uns arbeiten. Die andere Gefahr kommt in dieser Aussage zum Ausdruck: „Es gehen so viele andere, also werden wir nicht mehr gebraucht.“ Ja, Länder wie Südkorea und Indien entsenden Zehntausende Missionare, aber das bedeutet nicht, dass wir keine Verantwortung mehr haben.

Vor ein paar Jahren, als ich in Südamerika war, unterhielt ich mich mit einem angesehenen brasilianischen Missionswissenschaftler und Gemeindegründer. Ich fragte ihn nach seiner Meinung über die These, dass die Ära der westlichen Mission vorbei und es jetzt an der Zeit sei, „den Stab zu übergeben“. Seine Antwort war gnädig und aufrichtig: „Ich habe das schon einmal gehört“, sagte er, „und meine Frage ist: Warum denken Sie überhaupt daran, den Staffelstab weiterzugeben?“ Er hatte recht. Der Missionsbefehl gehört keiner bestimmten Epoche oder Region an. Vielmehr müssen sich alle Gemeinden zu jeder Zeit und an jedem Ort gemeinsam bemühen, alle Nationen zu Jüngern zu machen. Angesichts dieser globalen Trends haben wir nicht nur die Möglichkeit, Geschwister von unseren Gemeinden auszusenden, sondern auch mit Gemeinden an anderen Orten zusammenzuarbeiten, um Missionare in die Welt zu senden, sie zu unterstützen und sie zu betreuen.

Christi Auftrag war es, Jünger zu machen, die zu Gemeinden werden sollten

Das Ziel der Mission ist nicht, alle Völker zu evangelisieren, sondern sie zu Jüngern zu machen, die alles halten, was Christus geboten hat. Ersteres kann schnell durch Einzelpersonen erreicht werden, während Letzteres Zeit in Anspruch nimmt und gemeinschaftlich bewältigt werden muss. Daher erfordert die Erfüllung des Missionsbefehls die Gründung von Gemeinden.

Jede Missionsbemühung sollte das Ziel verfolgen, die Gläubigen vor Ort durch die Verkündigung und das Vorleben des Evangeliums zu vervielfältigen. Wohltätigkeitsarbeit ist gut und hilfreich, aber sie wird verkümmern, wenn steinerne Herzen nicht durch den Geist Gottes und das Wort Gottes zu Herzen aus Fleisch werden. Umgekehrt ist der Verkündigungsdienst notwendig, aber er verfehlt sein Ziel, wenn die Anwendung des Wortes sich im Dienst nicht in den konkreten Nöten und Bedürfnissen der Menschen widerspiegelt. Das Ziel ist, Gemeinschaften von Jüngern heranwachsen zu sehen, die sowohl die Gute Nachricht von der Errettung in Jesus Christus verkünden als auch die Frucht des Geistes durch ihre Liebe zu ihren Nächsten zum Ausdruck bringen.

Wo fangen wir also an, wenn es die Aufgabe jeder Ortsgemeinde ist, dem Missionsbefehl nachzukommen, um sowohl vor Ort als auch weltweit neue Gemeinden zu gründen? Ich würde vorschlagen, wir beginnen an der gleichen Stelle wie die Jünger Jesu. Als Gläubige müssen wir auf unserem Glaubensweg die Gebote des Herrn berücksichtigen und die Führung und Kraft des Heiligen Geistes suchen. Unabhängig von der Größe, dem Alter, den Ressourcen oder den Herausforderungen unserer Gemeinde sind wir nicht machtlos, arm oder allein. Christi Verheißung gilt für uns heute. Er regiert über alle Dinge im Himmel und auf Erden und ist bei uns bis zum Ende der Weltzeit. Er wird seine Mission abschließen.


Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit Evangelium21 übersetzt. Mehr evangeliumszentrierte Ressourcen gibt es auf evangelium21.net.

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