Gemeinsames Leben

Für Jesus berufstätig ins Ausland

Artikel
01.06.2023

Hast du schon mal darüber nachgedacht, mit deinem Beruf missionarisch aktiv zu werden? Vielleicht solltest du es in Erwägung ziehen. Ich möchte dir ein paar Beispiele geben, wie das aussehen könnte.

Vor Kurzem saß ich in einem asiatischen Restaurant in London und unterhielt mich mit einem ehemaligen Mitglied der Gemeinde in Washington, D.C., die ich als Pastor mitbetreue. Mein Bekannter war ein Jahr zuvor mit seiner jungen Familie nach London gezogen, um einer schwachen Gemeinde in der Nähe zu helfen. Er tat dies als treues Gemeindemitglied mit einem normalen Job. Kurz zuvor war er Ältester in der Gemeinde dort geworden und wie sein Pastor, ebenfalls ein Freund von mir, mir anvertraute, war es die Anwesenheit dieser treuen Familie, die ihm half, den felsigen Boden im nachchristlichen London weiter zu bearbeiten.

Das ist mein erstes Beispiel. Hier ist ein weiteres. Nur einen Monat zuvor saß ich in einem weniger eleganten Kebab-Restaurant in einer Krisenregion Zentralasiens. Ich war zu Besuch bei einer anderen jungen Familie aus unserer Gemeinde. Auch sie waren vor Kurzem mit ihren Jobs in eine Stadt umgezogen, die nur wenige Kilometer von den Frontlinien der ISIS entfernt war. Sie schlossen sich einem Vollzeitmissionsehepaar an, das ein Jahr zuvor ausgesandt worden war. Sie sahen sich selbst nicht als missionarische Gemeindegründer in Vollzeit. Sie liebten es einfach, ihre gemeinnützige Organisation zu leiten, welche Bildungsarbeit mit Flüchtlingen leistet. Doch schon bald wurden sie ihrer kleinen, internationalen Gemeinde eine große Hilfe. Sicherlich gab es überall um sie herum geistliche Kämpfe, aber diese Familie schien sich auf ihre Zukunft zu freuen.

Es ist mir eine Freude, seit zwei Jahrzehnten zu beobachten, wie sich solche Szenarien immer wieder abspielen. Gewöhnliche Menschen entdecken, wie sie ihre Fähigkeiten und ihre Berufe einsetzen können, um die Arbeit am Evangelium an schwierigen Orten zu unterstützen, nicht als Gemeindegründer oder „Missionare”, sondern als normale, treue Christen.

Für diese Art von Aktivitäten gibt es viele verschiedene Bezeichnungen: Business as Missions, Zeltmacher, Mobilized Marketplace Professionals (MPPs). Einige Begriffe sind besser als andere. Einige enthalten wenig hilfreiches theologisches Vokabular. Aber alle sind Variationen desselben Gedankens: Christen, die sich über den Arbeitsmarkt in eine Kultur hineinbegeben, haben offenen Zugang sowie finanzielle und beziehungsmäßige Vorteile, die Vollzeitmissionare nicht unbedingt haben. Außerdem können sie denjenigen, die hauptamtlich arbeiten, bei der Arbeit in schwierigen Gegenden helfen.

Wenn du noch nie darüber nachgedacht hast, deine Tätigkeit auf dem Arbeitsmarkt um des Evangeliums willen ins Ausland zu verlagern, solltest du es dir mal überlegen. Hier sind ein paar Dinge, die ich in den letzten zwanzig Jahren, in denen ich diese Art von Arbeit gefördert habe, beobachtet habe.

1. Erkenne dein Bedürfnis nach Gemeinschaft.

Wenn Christen zum ersten Mal darüber nachdenken, für das Evangelium mit ihrem Beruf ins Ausland zu gehen, stellen sie sich oft Pionierarbeit an unerreichten Orten vor. Stattdessen sollten sie eher daran denken, sich bereits etablierten Gemeinden in Übersee anzuschließen und nicht neue Pfade unter den Unerreichten zu erschließen. Jeder braucht Gemeinschaft, das Achten aufeinander und Hilfe im Dienst. Von einer Gemeinde unterstützt zu werden, die 10.000 km weit weg ist, ist nicht gerade ideal. Stattdessen solltest du an einen Ort gehen, an dem es eine gute Ortsgemeinde in einer Sprache gibt, die du verstehst, oder zumindest ein sehr starkes örtliches Missionsteam, das die Lücke füllen kann. Es gibt nur wenige Menschen, die inmitten einer neuen Kultur bei einer 40-Stunden-Woche sich und ihre Familie ohne Gemeinde aufrechterhalten können.

2. Erkenne, dass die Ortsgemeinde der Platz ist, an dem du dienen solltest.

Du solltest nicht nur in Erwägung ziehen, an einen Ort mit einer gesunden Gemeinde in einer dir verständlichen Sprache zu ziehen, du solltest vor allem diese Gemeinde als Hauptschwerpunkt deines Dienstes unterstützen. Die wohl fruchtbarsten Arbeitsplatz-Christen, die ich beobachtet habe, tun genau das.

Es ist oft schwer zu erkennen, wie viel fruchtbarer Dienst durch die Gemeinschaft, die Zusammenarbeit und das Zeugnis einer örtlichen Versammlung von Gläubigen entsteht. Aber diese Frucht kann in einer neuen Kultur offenbar werden. Die Lehre, die Beziehungen und das gemeinsame öffentliche Zeugnis einer Ortsgemeinde ergeben ein noch kraftvolleres Bild des Evangeliums als unser privates Verhalten bei der Arbeit. Es mag zwar Orte geben, an denen es noch keine Gemeinde gibt, der man sich anschließen kann, und es mag Orte geben, an denen sich Arbeitsplatz-Christen mit einigen wenigen Missionarsfamilien treffen müssen. Doch die meisten Menschen blühen geistlich auf, wenn sie eine Ortsgemeinde haben, die als Zentrum ihres Lebens und ihres Dienstes fungiert. Solche kleinen Gemeinden gibt es überall auf der Welt.

3. Habe optimistische und realistische Erwartungen.

Die meisten Christen haben weder den Wunsch, noch fühlen sie sich in der Lage, Vollzeitmitarbeiter in einer Ortsgemeinde zu sein. Und die meisten von ihnen sind mit dem Lebensstil und den Beziehungen, die Gott ihnen gegeben hat, ganz zufrieden. Ich persönlich habe fast zwanzig Jahre meines Lebens als Geschäftsinhaber oder Angestellter verbracht und in dieser Zeit große Freude als Christ erlebt. Und doch haben solche Menschen in der Regel viel weniger Zeit für den Dienst als ein hauptamtlicher Mitarbeiter der Gemeinde.

Das Gleiche gilt für Menschen, die mit ihrem Beruf ins Ausland gehen, um die Arbeit des Evangeliums zu begleiten. Sie werden nicht so viel Zeit haben, um die Sprache zu lernen oder viele Aspekte des Dienstes zu unterstützen, wie es ein Vollzeitmissionar kann. Die gute Nachricht ist jedoch, dass ihre Arbeit strategischer sein kann, wenn sie sich an einem Ort befinden, an dem es nur wenige bibeltreue Christen gibt.

4. Begreife, warum dies nicht dasselbe ist wie eine Aussendung als Missionar.

In 3. Johannes beschreibt der Apostel Johannes die Art von Person, die Christen historisch gesehen als Missionar bezeichnet haben. Es ist eine Person, die von einer Gemeinde ausgesandt wurde, um den Namen Christi bekanntzumachen, und dabei auf die Unterstützung der Gemeinde (nicht der Heiden) angewiesen ist. Zudem fordert Johannes die Christen auf (er verwendet das bestimmte Wort „sollen”), solche Personen zu unterstützen und mit ihnen in der Wahrheit des Evangeliums zusammenzuarbeiten.

Mit anderen Worten: Wenn man seinen Arbeitsplatz ins Ausland verlegt, um einer Gemeinde oder einem Missionsteam zur Seite zu stehen, ist das nicht dasselbe wie Missionar zu sein, aber es ist durchaus wertvoll. Mir ist klar, dass diese Unterscheidung manch einen beleidigen wird. Aber ich denke, dass die meisten von uns den Unterschied sehen. Nicht alle sind Lehrer oder Älteste in der Gemeinde, aber jeder hat eine wichtige Rolle zu erfüllen (vgl. 1Kor 12,12–31): „Nun aber hat Gott die Glieder, jedes einzelne von ihnen, so im Leib eingefügt, wie er gewollt hat.” Man muss keinen Titel oder ein bestimmtes Amt haben, um ein Segen für das Werk Christi zu sein.

5. Begreife, warum ein Einsatz im Ausland so eine gute Sache ist.

Die meisten von uns müssen ihren Lebensunterhalt mit einer Erwerbstätigkeit verdienen. Die meisten von uns werden nie in den Genuss der Vorteile (und Lasten) einer Vollzeitarbeit am Evangelium kommen. Sowohl der 1. als auch der 2. Thessalonicherbrief zeichnen ein ziemlich klares Bild davon, wie normal und gut ein gewöhnliches, selbstversorgendes christliches Leben ist. Aber viele von uns können wählen, wo sie leben. Und hier gibt uns die christliche Freiheit eine breite Palette von Möglichkeiten an die Hand. Manche entscheiden sich vielleicht dafür, eine Gemeinde zu verlassen, die sie lieben, um bei einer Gemeindegründung am anderen Ende ihrer Stadt zu helfen. Andere werden sich bewusst entschließen, in der eigenen Gemeinde zu bleiben, auch wenn sie dabei eine neue, interessante Arbeitsstelle oder andere tolle Angebote ausschlagen. Und einige entscheiden sich vielleicht dafür, ihr Leben umzukrempeln und in ein anderes Land zu ziehen, um die Arbeit des Evangeliums dort zu fördern, wo es nur wenige Arbeiter gibt. Es sind alles gute Entscheidungen. Sie alle sind Teil der normalen Wege, die Gott für seine Gemeinden vorgesehen hat, damit sie reifer werden und sein Evangelium sich ausbreitet. Überlege also, was für dich möglich wäre und wo du dein Leben am fruchtbarsten verbringen könntest.

6. Lass dir helfen, dich selbst einzuschätzen und Optionen abzuwägen.

Christen sollten sehr sorgfältig nachdenken, bevor sie ihren Arbeitsplatz wechseln und aus einer Gemeinde wegziehen, in der es ihnen gerade gut geht. Geistliche Gesundheit sollte man nicht geringschätzen. Das gilt vor allem für Christen, die mit dem Gedanken spielen, umzuziehen, um sich Glaubensgeschwistern in einer anderen Kultur anzuschließen. Nicht jeder sollte dies tun. Wir müssen offen sein, wenn vertrauenswürdige Freunde uns raten, an Ort und Stelle zu bleiben. Gute Kandidaten für einen Umzug nach Übersee sind Christen, die Motoren des Dienstes sein werden, nicht Christen, deren Bedürfnisse oder Herausforderungen viel seelsorgerliche Betreuung erfordern. Um diese Art von Rückmeldung zu hören, ist ein hohes Maß an Demut erforderlich. Einige von uns können am strategischsten handeln, wenn sie – vorerst – an Ort und Stelle bleiben und weiter wachsen.

Für diejenigen, die einen dem Evangelium dienlichen Umzug in Erwägung ziehen, kann Demut bedeuten, dass sie sich Hilfe holen, um zunächst über einige wenige Orte nachzudenken, anstatt zu glauben, die ganze Welt liege ihnen zu Füßen. Beginne damit, die Orte in Übersee zu prüfen, in denen deine Gemeinde bereits engagiert ist. Gibt es in einer Stadt, in die du umziehen möchtest, eine internationale Gemeinde oder ein solides Missionsteam? Wie könntest du als Mitglied dieser Gemeinde den Leitern zur Seite stehen und sie ermutigen? Vielleicht ist das nicht deine erste Wahl, aber irgendwann wirst du merken, dass die Zusammenarbeit mit den richtigen Leuten fast immer wichtiger ist als die Suche nach dem perfekten Ort.

Überlege auch, ob es Missionsorganisationen gibt, mit denen deine Gemeinde zusammenarbeitet, und ob sie über Ressourcen verfügen. Meine Gemeinde arbeitet z.B. mit dem International Mission Board der Southern Baptist Convention zusammen. Diese Missionsorganisation hat eine Global Cities Initiative ins Leben gerufen, die Gemeinden dabei helfen soll, zu überlegen, wie sie ihren Mitgliedern helfen können, ihren Beruf zu nutzen, um Vollzeitmissionaren in einigen ausgewählten Städten zur Seite zu stehen. Eure eigenen Missionare oder Organisationen können vielleicht ähnliche Unterstützung anbieten.

7. Ein Einsatz im Ausland ist nicht die Ideallösung, aber die gibt es auch nicht.

Viele, die mit dem Umzug beginnen, stellen bald fest, dass sowohl die Suche nach einem Arbeitsplatz als auch der Umzug quer über den Globus eine Menge Arbeit bedeuten! Und wenn sie erst einmal dort sind, stellen sie manchmal enttäuscht fest, wie ihr Leben doch dem früheren in ihrem Heimatland gleicht. Man kümmert sich um die Kinder, geht zur Arbeit, lernt die Nachbarn kennen, spricht über das Evangelium, wenn man kann, unterstützt den Dienst einer örtlichen Gemeinde, sät weiter und wartet hoffnungsvoll. Doch geht jetzt durch die sprachlichen und kulturellen Barrieren alles sogar noch langsamer vonstatten als zu Hause.

Ein Einsatz im Ausland ist nicht die eine ideale Strategie für die Mission, noch wird diese Strategie die Mission revolutionieren und alles einfacher machen. Aber nur weil etwas nicht garantiert, dass es schnell und einfach Früchte des Evangeliums bringt, ist es noch lange nicht schlecht. Vielmehr ist es einfach nur realistisch und normal. Es ist das, was wir laut der Bibel erwarten sollen.

Wenn wir das Wort Gottes weitergeben und das Evangelium hochhalten, wenn wir ein Leben der Heiligkeit und der Liebe führen, wenn wir das Evangelium in der Welt verkünden und die Menschen in der Gemeinde zu Jüngern machen, wenn wir Pastoren ausbilden und Missionare aussenden und neue Gemeinden gründen und alle zu einem treuen Leben ermutigen, dann verspricht Gott, dass unsere gewöhnlichen Bemühungen zu einem außergewöhnlichen Ergebnis führen werden. In Gottes Hand hat Treue im Kleinen Auswirkungen auf die Ewigkeit.

Vielleicht gelingt es dir oder jemandem in deiner Gemeinde, das gewöhnliche Leben unter den Mitgläubigen an einem Ort zu leben, an dem die Zahl der treuen Christen eher eins zu einer Million als eins zu zehn entspricht. Was sagst du dazu?
Deine gewöhnlichen Gaben und Talente könnten ein Schatz für eine Gemeinde in Malaysia oder London oder Istanbul oder Dubai sein. Ja, es wird immer noch einen großen Bedarf an vollzeitlichen, von der Gemeinde entsandten Pioniermissionaren geben. Ja, es wird nicht das einzige Mittel sein, um die Welt für Christus zu gewinnen. Sicherlich ist dies nicht die Strategie für völlig unerreichte Gebiete oder Einzelkämpfer. Aber es könnte für viele Christen eine wunderbare Möglichkeit sein, mit ihrem Leben einen kleinen, aber wichtigen Beitrag zur Umsetzung von Christi weisem Plan zu leisten. Diesem Plan entsprechend wird die einfache, gewöhnliche und sogar alltägliche Treue seines Volkes genutzt, um dem Universum seine Herrlichkeit zu zeigen (vgl. Eph 3,10). Und das ist sicherlich keine schlechte Art, seine Arbeit zu tun und so sein Leben zu verbringen.


Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit Evangelium21 übersetzt. Mehr evangeliumszentrierte Ressourcen gibt es auf evangelium21.net.

weitere verlinkt als articles