Evangelisation & Evangelium
Evangelisation als Pastor: Gelegenheiten finden
Was braucht man, um zu evangelisieren? Es gehört nicht viel dazu. Man braucht das Evangelium, die Gute Nachricht von Jesus Christus. Man braucht einen Evangelisten, also jemanden, der diese gute Nachricht verkündet. Und noch etwas: Man braucht eine Zuhörerschaft – also mindestens eine Person, die noch nicht an das Evangelium glaubt.
Für viele Pastoren ist der letzte Punkt der schwierigste. Wie soll ein Prediger in einer Woche, die vollgepackt ist mit Predigtvorbereitung, Besprechungen, Seelsorge, Verwaltung, Krankenhausbesuchen und nächtlichen Notfallanrufen, ganz zu schweigen von der Sorge um seine eigene Seele und Familie, noch Zeit finden, die Gute Nachricht mit Nichtchristen zu teilen?
In gewisser Weise ist das eine gute und notwendige Spannung. Wenn ein Pastor seinem Ruf in sein Amt folgt, wechselt er gewissermaßen von der Frontlinie der Evangelisation zurück ins Nachschublager. Er ist nicht mehr nur ein Soldat im Nahkampf, sondern muss jetzt in erster Linie wie ein General handeln: Seine Arbeit besteht darin, Strategien zu entwickeln, auszurüsten und zu delegieren (siehe Eph 4,12). Die Hoffnung dabei ist, dass sich der evangelistische Dienst des Pastors durch die Ausbildung von weiteren Personen, die das Evangelium verkünden, sowie die Lehre über Evangelisation und die wöchentliche Verkündigung des Evangeliums im Gottesdienst vervielfältigt statt abnimmt. Das ist gut und richtig so. Pastoren sollten sich nicht schuldig fühlen, wenn sie es als Priorität ansehen, sich um die Herde zu kümmern und sie für den Dienst auszubilden. Denn das ist ihre einzigartige, von Gott übertragene Rolle. Ein Pastor ist nicht allein verantwortlich für die Evangelisation, sondern er ermöglicht sie.
Das bedeutet aber nicht, dass seine persönliche Beteiligung am evangelistischen Dienst völlig verschwinden sollte. Paulus wies den jungen Pastor Timotheus an: „tue das Werk eines Evangelisten“ (2Tim 4,5). Selbst der größte General ist im Herzen immer noch ein Soldat. Wenn ein Pastor andere lehrt, wie man evangelisiert, darf dabei sein eigener Eifer für die Evangelisation nicht verdampfen, weil er zu lange auf Sparflamme geköchelt hat. Pastoren, die sich selbst aktiv an der Evangelisation beteiligen, haben in der Regel auch Gemeinden, die ebenfalls eifrig am Werk sind. Auf der anderen Seite vernachlässigen Gemeinden oft die Evangelisation, wenn sie feststellen, dass ihre Pastoren das Gleiche tun.
Fünf Wege, wie ein Pastor Evangelisation fördern kann
Wie kann ein Pastor Gelegenheiten zur Evangelisation fördern?
Da ich in diesem Bereich genauso viel Wachstum brauche wie jeder andere, habe ich einige befreundete Pastoren gefragt, wie sie der Evangelisation in ihrem vollen Terminkalender Priorität einräumen. Auf der Grundlage ihrer Antworten folgen hier fünf Vorschläge:
1. Sei kreativ
Erstens: Sei kreativ. Um mehr Nichtchristen zu begegnen, muss man bereit sein, über den Tellerrand zu schauen. Ein Pastor einer Kleinstadt erzählte mir, dass er und seine Ältesten ihre Ältestenversammlungen oft auf Campingstühlen in seinem Vorgarten abhalten. Sie sind bereit, Effizienz für die Möglichkeit zu opfern, mit Nachbarn zu plaudern, die vielleicht vorbeilaufen – und waren begeistert, als jemand vorbeikam und über Kabbala sprechen wollte. Das war eine unmittelbare Gelegenheit, das Evangelium weiterzugeben.
Andere erzählten davon, dass sie Hobbys oder Alltagssituationen nutzen, um die Möglichkeiten zur Evangelisation zu maximieren. Anstatt mit christlichen Freunden Basketball zu spielen, könnte man dies auch mit einer Gruppe lokaler Geschäftsleute machen. Das öffnet die Tür für neue Freundschaften. Ein Pastor von der arabischen Halbinsel sagte mir, dass die Zeit mit der Familie im örtlichen Freibad eine der besten Möglichkeiten sei, um Freundschaften mit Menschen aus der Nachbarschaft zu schließen.
Kreativität ist auch nützlich, wenn man versucht, ein ansonsten banales Gespräch mit einem Angestellten, einem Nachbarn oder einer Bedienung im Restaurant auf geistliche Themen zu lenken. Wenn jemand über die Nachrichten, den Sport oder auch nur das Wetter plaudert, bietet sich in der Regel die Gelegenheit, eine relevante Wahrheit über Gott oder unsere gefallene Welt anzubringen, die zu einer tieferen Diskussion führen kann. Dazu brauchen wir natürlich nicht nur kreatives Denken, sondern auch vom Geist gewirkten Mut und Liebe, um die Menschenfurcht zu überwinden und auch in unangenehmen Situationen von Christus zu erzählen.
2. Sei beständig
Zweitens: Sei beständig. Bist du bereit, auf Abwechslung zu verzichten und immer wieder im selben Restaurant zu essen, um das Personal besser kennenzulernen? Seit Jahren lebt der Pastor meiner Gemeinde genau diese Beständigkeit um des Evangeliums willen vor. Und zwar so sehr, dass wir darüber scherzen, dass er der Seelsorger des kleinen Restaurants ist, in dem jeder Kellner seinen Namen kennt und mit geistlichen Fragen zu ihm kommt.
Ein anderer Freund erzählte von den Früchten, die er erntete, als er Woche für Woche dieselbe Reinigung besuchte und für Gelegenheiten betete, mit den Angestellten über Christus zu sprechen. Schließlich besuchte eine der Angestellten seine Gemeinde, schloss sich einem Bibelstudium mit einigen der Frauen dort an und bekannte vor Kurzem ihren Glauben an Jesus.
3. Sei aufmerksam
Drittens: Sei aufmerksam. Wir müssen darum beten, dass wir uns der Verlorenen um uns herum bewusst werden. Ein Seminarstudent in England erzählte, dass er seine Bibel aufschlägt und darin liest, wenn ihm bewusst ist, wie viele Menschen – höchstwahrscheinlich Ungläubige – neben ihm im Zug sitzen. Daraus ergeben sich oft Gespräche über Gott.
In diesem Zusammenhang sollte man sich bewusst machen, wie nützlich der Titel Pastor eigentlich ist. Immer wieder beginnen Gespräche mit „Was machen Sie beruflich?“ Wenn man dann mit „Ich bin christlicher Pastor“ antwortet, kann sich das wie eine Bürde anfühlen. Mache es stattdessen zu einer Stärke. Ich sage dann so etwas wie: „Ich bin ein Pastor in Ausbildung in einer Gemeinde. Deshalb höre ich gerne von allen möglichen Leuten, was sie über Gott, Spiritualität und Jesus denken.“
Und vergiss nicht, auf welche Weisen du Nichtchristen in deiner Umgebung als Pastor dienen kannst und dabei fast immer auf gute Möglichkeiten zur Evangelisation stoßen wirst. Ein Verwandter eines Nachbarn verstirbt? Biete an, bei der Beerdigung zu predigen.
4. Sei kooperativ
Viertens: Sei kooperativ. Finde Möglichkeiten, dich an der Evangelisation zu beteiligen, die deine Gemeindemitglieder bereits am Arbeitsplatz oder in der Nachbarschaft durchführen. Ein Pastor erzählte, wie einige Geschäftsleute seiner Gemeinde eine „Gott-Erkundungsgruppe“ bildeten, die sich regelmäßig während der Mittagspause im Büro traf und ihn von Zeit zu Zeit einlud, um Beziehungen aufzubauen. Gastfreundschaft ist eine großartige Möglichkeit, sich mit anderen Gläubigen für die Evangelisation zusammenzuschließen. Veranstalte ein Grillfest, einen Nachmittagskaffee oder einen Spieleabend, und bitte alle eingeladenen Gemeindemitglieder, nichtchristliche Freunde mitzubringen.
5. Sei engagiert.
Fünftens: Sei engagiert. Ein Pastor muss nicht gleich alle der oben vorgeschlagenen Ideen im Detail übernehmen – darum geht es nicht. Es geht darum, dass der Dienst eines Unter-Hirten dem des Großen Hirten ähneln soll, der gekommen ist, „um zu suchen und zu retten, was verloren ist“ (Lk 19,10). Die einzigartige Berufung und der Zeitplan eines Pastors machen dies sicherlich zu einer Herausforderung. Doch wir sollten auch zugeben, dass unsere eigene Faulheit und Selbstsucht uns oft mehr von der Evangelisation abhalten als schwierige Umstände.
Das Evangelium studieren und voll ausschöpfen
Also, wie würde Engagement für Evangelisation in deinem Wochenablauf als Pastor aussehen? Für den Anfang möchte ich dich ermutigen, regelmäßig für Gelegenheiten zu beten und Rechenschaft in diesem Bereich abzulegen. Mache dir bewusst, wo du dazu tendierst, dich zurückzuhalten.
Vor allem aber solltest du das Evangelium studieren und voll ausschöpfen. „Denn die Liebe Christi drängt uns, da wir zu diesem Urteil gekommen sind, dass einer für alle gestorben ist“ (2Kor 5,14). Die kostbare Botschaft Christi zu ehren und ihre Kraft in unserem eigenen Leben zu erkennen, ist das beste Mittel gegen Ermüden in der Evangelisation.
Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit Evangelium21 übersetzt. Mehr evangeliumszentrierte Ressourcen gibt es auf evangelium21.net.