Evangelisation & Evangelium

Ein Plädoyer für evangeliumszentrierte Missionsarbeit

Von Aubrey Sequeira

Aubrey Sequeira ist in Südindien aufgewachsen. Er ist stellvertretender Pastor der Evangelical Community Church of Abu Dhabi und lehrt Theologie am Gulf Training Center in Dubai.
Artikel
01.06.2023

Teil I: Mehr Schein als Sein

Es kommt mir vor, als hätte ich dieses Gespräch schon mehr als tausend Mal geführt. Wenn andere Gläubige aus den USA mich treffen und erfahren, dass ich aus Indien komme, fragen sie meistens: „Oh! Hast du schon von dem indischen Pastor _____ gehört?“

„Nein, habe ich nicht. Woher kennst du ihn?“

„Er ist ein großartiger Evangelist, der in den letzten fünf Jahren Gemeinden gegründet, fünf Waisenhäuser eröffnet und eine Bibelschule für die Ausbildung von Pastoren geleitet hat!“

„Wirklich? Kennst du ihn persönlich?“

In den meisten Fällen lautet die Antwort: „Klar, wir haben ihn getroffen. Er hat unsere Gemeinde besucht und sein Zeugnis erzählt. Er hat ein so erstaunliches Zeugnis. Seine Vision ist es, in den nächsten zehn Jahren mehr als 30.000 Gemeinden zu gründen.“

Es fällt mir schwer, nicht zynisch zu werden und frustriert zu sein, wenn ich solche Gespräche führe. Denn was meine westlichen Brüder und Schwestern oft nicht verstehen, ist, dass die meisten indischen „Pastoren“ gelernt haben, was die Menschen im Westen begeistert. Die Inder haben gelernt, dass große Zahlen und erstaunliche Zeugnisse die westliche Kirche blenden – und wenn die Unterstützungspartner im Westen beeindruckt sind, bedeutet das normalerweise, dass die Gelder fließen. Leider erfahren die westlichen Gemeinden nur selten, wenn überhaupt, dass die Zahlen in vielen Fällen geschönt und die Zeugnisse erfunden sind und dass die „Evangeliumsarbeit“, in die sie investiert haben, in Wirklichkeit eine Fata Morgana ist.

Als Inder, der in Indien geboren und aufgewachsen und durch die treue Arbeit eines westlichen Missionars in meiner Stadt zur rettenden Botschaft Jesu Christi gekommen ist, fühle ich mich verantwortlich, meine Bedenken zu äußern.

Im Gegenzug hoffe ich, einige der größten Probleme in der indischen Missionsarbeit anzusprechen – Probleme, die sich aus bestimmten Schwerpunkten im Westen ergeben. Diese Probleme werden sowohl von westlichen Missionaren, die nach Indien gehen, als auch von westlichen Gemeinden, die einheimische indische Dienste unterstützen, aufrechterhalten und verschärft. Ich möchte nicht pessimistisch und kritisch sein, sondern uns alle dazu aufrufen, den biblischen Geboten treu und gehorsam zu sein, „Jünger zu machen“ und den „ganzen Ratschluss Gottes“ zu verkünden. Betrachte dies als ein Plädoyer von Ost nach West für eine am Evangelium orientierte Vernunft in der Missionsarbeit.

Besessen von Zahlen

Zunächst ist es wichtig, eines der Hauptprobleme in der indischen Missionsarbeit zu erörtern – das westliche Streben nach numerischer Effizienz, d.h. die Vorstellung, dass große Zahlen eine Bestätigung für Gottes Segen und eine erfolgreiche Arbeit sind.

Die Unternehmenswelt ist vernarrt in Zahlen. Große Zahlen. Zahlen sind in allen Lebensbereichen das Gebot der Stunde, und das Streben nach diesen hat seinen Weg in die Gemeinde und ihre Missionsarbeit gefunden, sowohl im Westen als auch – infolge des westlichen Einflusses – in Indien. Die meisten Schlagworte rund um das Thema sind in irgendeiner Weise von der Idee der numerischen Effizienz geprägt: „schnell“, „Vermehrung“, „Strategie“, „Wachstum“.

Jede „Vision“ und jeder „Bericht“ ist in irgendeiner Weise mit Zahlen verbunden. 5.000 Gemeinden in 5 Jahren. 30.000 Taufen in 3 Jahren. Größer und schneller = besser. Richtig?

Falsch!

Leider hat die Zahlen-Besessenheit der westlichen Kirche eine zerstörerische Wirkung gehabt, sodass der Name Christi in Indien gelästert wird.

Die sündhafte Sucht nach größeren und besseren Zahlen hat sowohl die einheimischen Dienste als auch die Arbeit westlicher Missionare in Indien verdorben. Die Vorstellung, dass zahlenmäßiges Wachstum ein Indikator für Treue ist, ist der Heiligen Schrift fremd und stammt eigentlich aus der Gemeindewachstumsbewegung1. Aber leider haben sich die meisten Gemeinden – selbst diejenigen, die eine gut fundierte, auf Gott ausgerichtete Theologie des Evangeliums vertreten – dieser falschen Vorstellung angeschlossen. Sie glauben, dass „schnelles Wachstum“ das wichtigste Zeichen für Gottes Segen ist. Je schneller du wächst, desto treuer bist du demnach.

Ich hoffe, diese falsche Vorstellung zu entlarven, indem ich einige der katastrophalen Auswirkungen auf die Missionsarbeit in Indien erörtere. Vor allem aber hoffe ich, meine westlichen Brüder und Schwestern zu einem vernünftigeren, treueren und am Evangelium orientierten Missionsansatz zu bewegen. Wir können uns sicherlich über zahlenmäßiges Wachstum freuen, wenn es mit der Heiligen Schrift übereinstimmt. Aber wenn zahlenmäßiges Wachstum die biblischen Prioritäten ersetzt, wird das Evangelium gefährdet und das christliche Zeugnis trägt Schaden davon. Indem ich auf einige der verheerenden Folgen hinweise, resultierend aus der Betonung von Zahlen, hoffe ich, die westlichen Gemeinden zu ermutigen, bei den von ihnen unterstützten Missionswerken kritischer zu sein. Gleichzeitig möchte ich meine indischen Brüder ermutigen, in ihren Diensten echtes Wachstum für das Evangelium anzustreben, unabhängig davon, ob das für den Westen beeindruckend aussieht oder nicht.

Die Geißel des Namenschristentums

Missionsberichte aus Indien sind voll von Nachrichten über erstaunliche „Massenbewegungen“ hin zu Christus, die offenbar überall im Land stattfinden. Missionare, mit denen ich gesprochen habe, haben ihre Arbeit folgendermaßen beschrieben: „7.000 Gemeinden wurden in den letzten 5 Jahren in Kaschmir gegründet.“ „50.000 neue Gläubige wurden letztes Jahr in Neu-Delhi getauft.“ „Hunderttausende von Dalits (Unberührbare) aus niedrigen Gesellschaftsschichten lernen Christus kennen.“ Es heißt, in Indien geschehe etwas in einem „noch nie dagewesenen Ausmaß“, das nur von den ersten Kapiteln der Apostelgeschichte übertroffen wird. Doch ist das wirklich so? Darauf möchte ich in drei Punkten eingehen.

1. Wo sind die Gemeinden?

Ein indischer Kollege von mir arbeitet in einer der härtesten Regionen Nordindiens. Er erzählte mir, dass er, wenn er westliche Freunde über die Tausenden von gegründeten Gemeinden sprechen hört ohne mit der Wimper zu zucken, nach ihrer Adresse und Postleitzahl fragt, damit er wenigstens eine von ihnen besuchen kann. Er will damit nicht sagen, dass alle Gemeinden eine Adresse haben müssen, sondern dass es sich bei diesen Zahlen um Phantomkirchen handelt, die in Wirklichkeit gar nicht existieren.

Kurz gesagt, die Zahlen sind eine Täuschung. Diese sogenannten „Gemeinden“ sind in der Regel nichts anderes als eine Gruppe von drei oder vier Personen, die sich ein- oder zweimal zwanglos treffen. Sie hören ein paar verwässerte Bibelgeschichten und verschwinden danach wieder in der Versenkung.

In den meisten westlichen Missionswerken in Indien haben pragmatische Prioritäten die biblischen verdrängt. Ein befreundeter westlicher Missionar erzählte mir kürzlich, dass die Vorgesetzten seiner Organisation bei seiner Entsendung nach Indien darauf bestanden, „strategisch“ vorzugehen, um „schnelles Wachstum“ duch die Gründung von „Kaninchengemeinden“ zu fördern. Diese lassen sich schnell gründen und vermehren, im Gegensatz zu „Elefantengemeinden“, die viel Zeit verlangen und dann viel Arbeit in der Jüngerschaft erfordern, was die Dinge verlangsamt. Die unverblümte Antwort meines Freundes: „Aber Kaninchengemeinden fallen Falken und Wölfen zum Opfer.“

Die Zahlen-Besessenheit und das Streben nach schnellem Wachstum führen zu „Gemeinden“, die kein Evangelium, keine geschulte Leitung, keine Theologie und keine Tiefe haben – und damit leichte Beute für die Irrlehren der Wohlstandstheologie, des Synkretismus und anderer falscher Lehren sind.

2. Welche Art von „Bekehrung“?

Noch schlimmer ist, dass die Geißel des Namenschristentums den Namen Christi bei den Ungläubigen in Indien in Verruf bringt. Der Drang nach Zahlen und das schnelle Wachstum der Missionen hat dazu geführt, dass die Botschaft des Evangeliums heute stark verzerrt und verwässert wird. Den Menschen wird beigebracht, „an Jesus zu glauben“, „Jesus anzunehmen“ oder „sich für Jesus zu entscheiden“, ohne dass die biblische Lehre der Umkehr befolgt wird. Die sogenannten „Bekehrungen“, die daraus resultieren, sind bestenfalls nominell, schlimmstenfalls manipulativ.

Unter Missachtung der biblischen Vorgaben und Qualifikationen für Gemeindeälteste (vgl. 1Tim 3,1–7, besonders Vers 6: er darf „kein Neubekehrter“ sein) ernennen Missionare unqualifizierte einheimische „Leiter“, deren einzige „Ausbildung“ ein einwöchiges Seminar mit einem Missionarsteam ist.

In vielen Fällen „bekehren“ sich die Menschen in Scharen, weil sie glauben, dass der Übertritt zum Christentum ihnen bestimmte soziale oder wirtschaftliche Vorteile bringt. Die Missionare schicken triumphierend Berichte mit Zeugnissen nach Hause, die erstaunliche und unergründliche Statistiken über bekehrte Menschen und gegründete Gemeinden enthalten. Ken R. Gnanakan, ein indischer Theologe, hat es vor einigen Jahren in Bezug auf die Gemeindewachstumsbewegung gut ausgedrückt: „In unserem Eifer, unseren Gebetspartnern Zahlen zu melden, haben wir die Gemeinden ihrem hinduistischen Denken überlassen, und abgesehen von einer Änderung des Namens und des Ortes der Anbetung gibt es kaum einen Unterschied zwischen den sogenannten Christen und ihren hinduistischen Nachbarn.“2

3. Falsche Bekehrungen führen zu Verfolgung

Die Plage der falschen Bekehrungen hat auch politische Auswirkungen, die zu Verfolgung führen. Die Hindus beschuldigen die Christen, ungebildete Menschen und Angehörige der unteren Gesellschaftsschichten anzulocken, indem sie ihnen Vorteile versprechen. Gruppenkonversionen und nominelles Christentum führen schließlich zu Massenrückkehrern zum Hinduismus. Der Grund dafür ist, dass unterprivilegierte Bevölkerungsgruppen, die ursprünglich zum Christentum konvertierten, weil sie sich davon einen sozialen Aufstieg erhofften, feststellen, dass der Hinduismus ihnen politisch mehr zu bieten hat.3

Die meisten dieser „Rekonversionen“ werden von Aussagen begleitet wie: „Ich war früher ein Hindu und bin aufgrund mehrerer falschen Versprechungen zum Christentum konvertiert. Deshalb kehre ich jetzt zum Hinduismus zurück.“ Stellt sich bei all dem nicht die Frage, welche Art von „Bekehrung“ hier genau stattfindet? Sicherlich nicht die Art von gottgewollter Umkehr von der Finsternis zum Licht, die wir auf den Seiten des Neuen Testaments sehen.

Einheimische Missionen und die Inflation der Zahlen

Eine weitere Folge der westlichen Besessenheit von zahlenmäßigem Wachstum ist die große Zahl indischer „Pastoren“, die den Trend erkannt haben und auf der Welle reiten – bis zu ihrem Bankkonto. Ja, die Kirche in Indien ist korrupt, wie Jahwe von Israel sagt – „wie eine klaffende Wunde“ (Jes 1,6). Ich spreche als jemand, der die Art von Korruption, die in den indischen christlichen Organisationen allgegenwärtig ist, aus erster Hand kennt.

Viele indische Gemeinden schönen ihre Zahlen gerne und gaukeln ihren westlichen Unterstützern vor, dass eine große „Ernte“ des Evangeliums stattfindet. Schließlich sind es die Zahlen, die das Geld einbringen.

Die Techniken spiegeln das wider: Eine große Menschenmenge ist auf einem Feld versammelt und jemand fragt sie auf einem Podium, wie viele von ihnen Puri-Bhaji (ein Grundnahrungsmittel in Nordindien) zum Frühstück gegessen haben. Die Hände schnellen in die Höhe, ein Foto wird gemacht und ein Bildbericht wird veröffentlicht, in dem von „Entscheidungen für Christus“ berichtet wird. In anderen Fällen werden die Menschen gefragt, ob sie einen finanziellen Segen oder eine Heilung erhalten möchten. Diejenigen, die dies wünschen, heben die Hand, es werden Fotos gemacht und es werden weitere „Entscheidungen für Christus“ gemeldet.

Gelegentlich kommen auch westliche Unterstützer zu Besuch, einige von ihnen sogar zur „pastoralen Ausbildung und Lehre“. Die indische Organisation zahlt also einigen Pastoren einen symbolischen Betrag, damit sie für ein paar Tage kommen. Das tun sie. Und der westliche Missionar kehrt zurück, glücklich und zufrieden, dass er nicht nur finanziell unterstützt, sondern auch in das Leben von Menschen „investiert“ hat, die „hungrig nach dem Wort“ (und einem kostenlosen Mittagessen) sind.

Viele dieser indischen Pastoren leben im Luxus, speisen in 5-Sterne-Hotels und lassen sich in Luxusautos herumfahren, dank des vielen Geldes, das in ihre Arbeit gesteckt wird.

Mit großem Bedauern muss ich eingestehen, dass meine westlichen Brüder und Schwestern sehr leichtgläubig sind – sie bespenden und unterstützen gerne jeden Dienst, der mit großen Zahlen prahlt. Die Statistiken lassen ihre Augen glasig werden und sie sind blind für das, was tatsächlich geschieht.

Ein besserer Weg

Ist das ein Vorwurf? Ja, in gewisser Weise schon. Aber ich schreibe das aus aufrichtiger Liebe und mit dem Wunsch, dass Solidität und Wahrheit in der Missionsarbeit in Indien Fuß fassen. Große Zahlen nähren große Egos mit der Vorstellung, dass wir etwas Sinnvolles für Gott tun. Aber Gottes wirkliche Arbeit lässt sich nicht allein an Zahlen messen.

Letzten Sommer saß ich mit einem treuen indischen Bruder zusammen, einem älteren Mann Gottes, der seit mehreren Jahrzehnten in einem der härtesten und unerreichtesten Gebiete Nordindiens arbeitet. Er erzählte mir von westlichen Gemeinden, die ihm im Laufe der Jahre angeboten hatten, ihn zu unterstützen, wenn er nur fleißig jeden Monat eine bestimmte Anzahl von Taufen melden würde. Jedes Mal lehnte er ab, weil er immer der Meinung war, dass Bekehrung Gottes Werk ist und nicht künstlich hervorgerufen werden kann. Dieser Mann hat nicht Tausende von Gemeinden gegründet. Die Zahlen sind nicht attraktiv und spektakulär. Aber die Gemeinden, die er gegründet hat, sind solide, treu, predigen das Evangelium und machen Jünger. Sie sind keine Trugbilder. Die Jünger, die er gemacht hat, sind solche, die den Herrn kennen und in denen das Wort Christi wohnt. Die Frucht seines Dienstes leuchtet wie Gold in dem Misthaufen anderer sogenannter „Dienste“ ringsum. Und Gott wird seine Treue belohnen.

Lass mich dir eine weitere persönliche Geschichte erzählen, diesmal von einem ausländischen Missionar. Ich kannte einen Missionar, der jahrelang in Indien lebte und arbeitete – weit über ein Jahrzehnt. Er gründete ein Geschäft in einer großen Stadt und arbeitete langsam und geduldig. Er hatte kaum Bekehrte – wahrscheinlich hatte er sogar nur einen. Er starb in Indien und nur wenige Monate nach seinem Tod wurde sein Geschäft zerstört. Nach numerischen Maßstäben und „strategischen“ Überlegungen für „schnelles Wachstum“ war er ein totaler Misserfolg. Nach den Maßstäben vieler westlicher Missionsorganisationen waren die vielen Dollars, mit denen er über die Jahre hinweg unterstützt wurde, eine totale Verschwendung.

War sein Dienst also tatsächlich das? Ich glaube nicht: Ich war sein einziger Bekehrter. Er lehrte mich das Evangelium. Er verkündete mir die Lehre von Christus. Er lehrte mich, die Bibel zu lesen und die Wahrheit von der Lüge zu unterscheiden. Er hat sein Leben im Dienst für seinen König verbracht, und das hat meine Ewigkeit verändert.

Deshalb bitte ich meine Brüder und Schwestern im Westen: Wenn ihr Missionare aussendet und einheimische Mitarbeiter für das Evangelium unterstützt, gebt der Treue den Vorrang vor der Effizienz, der Qualität vor der Quantität und dem Wachstum der Wahrheit vor dem Wachstum der Zahl. Bin ich gegen das Wachstum der Gemeinde und die Vermehrung von Jüngern? Ganz und gar nicht! Ich sehne mich danach, dass eine große Erweckung über Indien hinwegfegt. Ich bete sogar dafür, dass Massen von Menschen evangelisiert und zahlreiche Gemeinden im ganzen Land gegründet werden.

Aber wir sollten nicht nach künstlichen Zahlen und „Wachstum“ streben, die dadurch entstehen, dass die Wahrheit auf dem Altar der Effizienz und des vermeintlichen Erfolgs geopfert wird. Im Neuen Testament ist das Streben nach zahlenmäßigem Wachstum nie der Antrieb für die Mission der Kirche, sondern die Ehre Christi (vgl. Röm 1,5). Bekehrung ist das Werk des Heiligen Geistes, der geistlich tote Menschen aus der Finsternis in das wunderbare Licht des Herrn Jesus ruft, wenn das Evangelium mutig und klar verkündet wird. Deshalb solltest du Gottes Werk nicht an Zahlen messen, sondern an dem Leben der Menschen, die „Früchte [bringen], die der Buße würdig sind“ (Mt 3,8; vgl. Röm 15,18). Schnelles Wachstum und Multiplikation mögen ein Indikator für Gottes Segen sein, aber sie sind sicher nicht der wichtigste Indikator. Möge unsere Arbeit von der Heiligen Schrift und nicht von Statistiken und Strategien bestimmt werden!

Teil II: Überwältigt vom „Übernatürlichen“

Ich sitze fasziniert da und höre mir die Geschichte des Mannes an. Wir sind in einer wichtigen und extrem unerreichten Stadt in Nordindien. Detail für Detail erzählt er von den erstaunlichen Ereignissen, die ihn dazu brachten, dem Sikhismus zugunsten des Christentums abzuschwören. Ich höre aufmerksam zu, als er uns von der Heilung seiner Mutter von einer lebensbedrohlichen Krankheit erzählt, von seinem anschließenden Aufstieg vom Tellerwäscher zum Millionär, von den Verfolgungen, denen er ausgesetzt war, und vor allem von der übernatürlichen Vision, in der er eine in Weiß gehüllte Gestalt sah, die seine Hand drückte und ihm sagte: „Ich werde dich segnen.“

Er reibt sich die feuchten Augen und wischt sich die Tränen weg – und dann erzählt er uns, dass er auch heute noch die Hand dieser jenseitigen Gestalt spürt, obwohl es schon über 20 Jahre her ist. Meine westlichen Freunde hören zu, einige von ihnen misstrauisch, aber ein paar von ihnen sind absolut begeistert.

Mein indischer Arbeitskollege stupst mich an. Wir alle kennen die Masche nur zu gut; so etwas haben wir schon oft gesehen und gehört. Der Mann beendet seine Geschichte und einer meiner westlichen Freunde, ein aufrichtiger Bruder, der in seiner Theologie ziemlich gefestigt ist, sagt: „Wow! Gelobt sei Gott! Das ist so ein großartiges Zeugnis, Bruder!“

Innerlich bin ich verblüfft. Wie kann es sein, dass selbst Menschen, die ihre Bibel kennen und das Evangelium gut verstehen, auf so etwas hereinfallen? Ist das völlige Fehlen des Evangeliums in seinem Zeugnis nicht offensichtlich?

Mein indischer Freund und ich erklären dem Mann die wahre Vergebung der Sünden, die nur Jesus gewähren kann, den Tod und die Auferstehung Christi und sein stellvertretendes Opfer für die Sünden am Kreuz. Er schaut verwirrt, denn er hat keine Ahnung, wovon wir reden! Alles, was er weiß, ist, dass „Jesus der einzige Gott ist, der dich segnen wird“. Deshalb ist er Christ geworden. Deshalb ist er Pastor geworden. Und das seit 20 Jahren! Früher war er ein armer Sikh, aber jetzt fährt er als „christlicher Bischof“ einen schicken SUV. Er fährt uns zu seinem „Kirchen“-Gebäude, einer mehrstöckigen Megakirche mit 3.000 Sitzplätzen, und erzählt uns, dass er der „Bischof“ über ein Werk ist, das alle sechs Monate mehrere hundert Gemeinden gründet. Aber man könnte den Namen „Jesus“ überall in seiner Aussage durch den Namen irgendeines anderen Gottes ersetzen, und es würde keinen Unterschied machen.

Zu allem Überfluss hat dieser „Bischof“ auch noch einen westlichen Missionar, der von seiner Geschichte völlig eingenommen ist und fast wie sein Fußknecht funktioniert. Warum auch nicht, schließlich kann der Missionar alle Zahlen des Bischofs als seine eigenen ausgeben!

Offensichtlich ist der Westen vom „Übernatürlichen“ verzaubert. Ich möchte hier nicht in die Debatte darüber einsteigen, ob Gott noch übernatürlich wirkt oder nicht. Vielmehr möchte ich meine Brüder und Schwestern im Westen auf die Gefahren aufmerksam machen, die darin liegen, sich von sensationellen Geschichten verführen zu lassen, die nichts mit der biblischen Botschaft des Evangeliums zu tun haben. Außerdem möchte ich meine Brüder in Indien und im Westen dazu aufrufen, die Botschaft des Evangeliums im Mittelpunkt unserer Arbeit zu behalten und die Kraft von Gottes heiligem und verbindlichem Wort über alles andere zu stellen.

Ist der Heilige Geist umgezogen?

Die Beatles. Madonna. Julia Roberts. Eat, Pray, Love. College-Studenten ohne Job. Man kann eine lange Liste von Menschen im Westen aufzählen, die von der Andersartigkeit der östlichen Spiritualität fasziniert sind. Und dieser Trend hat auch in der Kirche Einzug gehalten. Ich bin es leid, es immer wieder zu hören: „Wir westlichen Christen sind so engstirnig. Wir stecken Gott in eine Kiste! Wir setzen dem, was er tun kann, Grenzen. Deshalb erleben wir hier nicht, dass Gott auf übernatürliche Weise wirkt, wie er es im Osten tut.“ Viele meiner Brüder und Schwestern im Westen sind dieser falschen Vorstellung aufgesessen, dass die westliche Kirche heute ohne das übernatürliche Wirken des Heiligen Geistes auskommt; währenddessen, so sagen sie, ist die dritte Person der Dreieinheit im Osten an Orten wie Indien und China sehr aktiv, wo die Menschen angeblich Träume und Visionen sehen und überall Wunder geschehen. Im Westen sind die Menschen fasziniert von all den erstaunlichen Zeugnissen und Berichten, die sie von den Geschehnissen „da draußen“ auf dem Missionsfeld hören.

Aber leider geht diese Faszination für das „Übernatürliche“ oft mit einem Verlust der Unterscheidungskraft einher. Manchmal sind die Menschen im Westen von den sensationellen Geschichten aus dem Osten so fasziniert, dass sie gar nicht bemerken, dass die Botschaft des Evangeliums in keiner Form vorhanden ist.

Liebe Freunde, wacht auf! Der Heilige Geist ist nicht umgezogen. Er ist im Westen genauso aktiv wie überall sonst auf der Welt und tut das, wozu er gesandt wurde – das Zeugnis für Christus zu geben (vgl. Joh 15,26–27; Apg 1,16; 1Petr 1,12); die Welt von Sünde, Gerechtigkeit und Gericht überführen (vgl. Joh 16,8); die Gemeinde in alle Wahrheit leiten (vgl. Joh 16,13); Christus verherrlichen, indem er die Menschen durch die Verkündigung des Evangeliums von der Finsternis zum Licht zieht (vgl. 2Kor 3,12–4,6); und Gottes Volk für den Tag der Erlösung versiegeln (vgl. Eph 1,13).

Ach, würden wir doch erkennen, dass das größte und übernatürlichste Werk Gottes darin besteht, dass der Heilige Geist den Sündern die Augen für die Herrlichkeit Christi öffnet und bei ihnen durch die Verkündigung des Evangeliums Wiedergeburt und Erneuerung wirkt. So werden sie durch Buße und Glauben aus dem Reich der Finsternis in das Reich des Herrn Jesus Christus versetzt. Erkennen wir nicht, dass der Geist Gottes souverän und aktiv ist und dieses Werk an jedem Ort vollbringt, an dem Christus treu aus der Heiligen Schrift verkündigt wird?

Ich kenne so viele liebe Brüder und Schwestern im Westen, deren Zeugnis in etwa so lautet: „Ich bin in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen. Von klein auf lehrten mich meine Eltern die Bibel. Meine Eltern liebten den Herrn. Sie wiesen mich auf Christus hin und erzählten mir von seinem Opfertod für die Sünder. Ich war noch sehr jung, als ich das Evangelium hörte, meine Sünden bereute und Christus meine Erlösung anvertraute. Und so bin ich fast mein ganzes Leben lang im Wissen um den Herrn aufgewachsen.“ Liebe Freunde, ist das weniger herrlich oder in irgendeiner Weise weniger übernatürlich? Ist das nicht ein Beweis für die Macht des Heiligen Geistes, tote Sünder zum Leben zu erwecken? Haben wir die Herrlichkeit des Evangeliums vergessen? Haben wir vergessen, dass der ganze Himmel jubelt, wenn ein Sünder zur Umkehr kommt?

Lasst unseren Fokus nicht auf andere Dinge legen, denn das hat verhängnisvolle Folgen.

Die Fabrikation von fesselnden Zeugnissen

Ähnlich wie die westliche Besessenheit mit Zahlen hat auch die Faszination des Westens für Sensationsgeschichten eine ähnlich zersetzende Wirkung gehabt. Zeugnisse werden erfunden, um westliche Gläubige zu blenden und sie dazu zu bringen, großzügig finanzielle Unterstützung zu leisten. Und wieder einmal muss ich leider sagen, dass meine westlichen Freunde, selbst die theologisch fundierten, leichtgläubig sind.

In Indien bin ich auf bekennende indische Gläubige gestoßen, die mir in Bezug auf ihr Zeugnis nicht viel zu sagen haben – warum sollten sie auch, ich bin ja nur ein indischer Mitbürger. Aber genau diese Menschen erzählen, sobald sie eine Person aus dem Westen mit weißer Hautfarbe sehen, schnell von Träumen, Visionen und erstaunlichen übernatürlichen Erfahrungen.

Mehr als einmal habe ich die herzzerreißende Geschichte von Gemeinden und Gläubigen im Westen gehört, die die schreckliche Erfahrung gemacht haben, von indischen „Diensten“ betrogen worden zu sein. So hat zum Beispiel ein indischer „Pastor“ ein ganzes Netzwerk von Gemeinden mit seinem fantastischen Zeugnis hinters Licht geführt.

Er behauptete, als religiöser Hindu aufgewachsen zu sein und dass seine Familie eine Schlange besaß, die sie täglich anbeteten. Als Erwachsener war er von religiöser Inbrunst und Eifer für den Hinduismus gepackt. Er war auf dem Weg, Christen anzugreifen und zu töten, als er eine Vision von Christus sah, die ihn zu Tränen rührte. Daraufhin wurde er Christ und beschloss, den Glauben, den er einst verfolgte, zu verkünden. Obwohl er von seiner Familie und seinen Freunden abgelehnt wurde, folgt er Christus und dient ihm als Evangelist.

Mehrere Gemeinden und Organisationen unterstützten diesen „Mann Gottes“, nur um später zu erfahren, dass die ganze Geschichte erfunden war. Dieser Mann wuchs als Sohn eines Pastors in einem „christlichen Elternhaus“ auf und erfand dieses Zeugnis, weil er gelernt hatte, dass nur solche Zeugnisse Unterstützung aus dem Westen erhalten. Und ich kann dir versichern, dass diese Geschichte kein Einzelfall ist. Es gibt viele, viele andere wie diese, und in jedem Fall lassen sich meine westlichen Brüder und Schwestern zu schnell begeistern – und leider auch täuschen.

Solche Täuschungen könnten vermieden werden, wenn man mehr Vorsicht und Unterscheidungsvermögen walten ließe, wenn man jedes Detail solcher Zeugnisse (vor allem angesichts ihrer außergewöhnlichen Details) anhand von Augenzeugenberichten kontrolliert und wenn man sorgfältig prüft, ob die Person das biblische Evangelium versteht und es über solche Erfahrungen stellt.

Wenn westliche Gläubige sich unwissentlich von sensationellen Geschichten über das Übernatürliche mitreißen lassen, gedeiht in Indien nicht nur die Korruption, sondern auch die falsche Lehre. Selbst Gemeinden und Gläubige, die das Übel des ketzerischen Wohlstandsevangeliums anprangern, fördern dessen Wachstum in Indien. Wie? Indem sie Dienste befürworten und unterstützen, die auf große Wunder setzen und gleichzeitig das Anti-Evangelium von Gesundheit und Wohlstand lehren. Das hängt auch mit der Zahlenbesessenheit zusammen: Das „Wohlstandsevangelium“ hat Erfolg und bringt sammelt die Menschen scharenweise ein. Es rühmt sich also sowohl mit übernatürlichen „Wundern“ als auch mit großen Zahlen.

Den Schwerpunkt an der richtigen Stelle setzen

Meine Brüder und Schwestern, der einzige Weg für echtes Wachstum des Evangeliums in Indien ist, dass wir uns daran erinnern, wie das Wachstum des Evangeliums zustande kommt: durch das Evangelium. Das Evangelium verkündet, dass alle Menschen überall gesündigt und gegen Gott, unseren Schöpfer, rebelliert haben und zu Recht unter seinem heiligen Urteil stehen; aber Gott rettet die Sünder gnädig durch seinen Sohn Jesus Christus, der ein sündloses Leben führte, einen Opfertod am Kreuz stellvertretend für die Sünder starb und von den Toten auferweckt wurde, sodass alle, die ihre Schlechtigkeit bereuen und ihm allein vertrauen, durch ihn volle Vergebung der Sünden und ewiges Leben erhalten. Die Geschichte von Gottes großem und übernatürlichem Heilsplan muss Vorrang vor allen anderen „übernatürlichen Geschichten“ haben.

Lassen wir uns nicht von Geschichten über Träume und Visionen hinreißen, sondern stehen wir fest auf dem Fundament von Gottes inspiriertem Wort. Selbst der Apostel Petrus, der Augenzeuge der Herrlichkeit Christi auf dem Berg der Verklärung war, der die Stimme Gottes hörte und mit eigenen Augen den Sohn Gottes in seiner ganzen majestätischen Herrlichkeit sah, sagt uns, dass wir etwas Besseres haben als seine Erfahrung. Etwas, „an dem wir festhalten und darauf achtgeben sollen“ – die Bibel (siehe 2Petr 1,16–21).

Die treuen indischen Mitarbeiter, die ich kenne und die sich aufrichtig für echtes Wachstum des Evangeliums in den härtesten Regionen Indiens einsetzen, tun eine einfache Sache, wenn jemand zu ihnen kommt und von einem Traum, einer Vision oder etwas anderem berichtet. Sie schlagen Gottes Wort auf. Verweise sie auf die Bibel. Erinnere sie daran, dass solche „übernatürlichen“ Ereignisse vielleicht wackelig und unsicher sind, aber dass die Heilige Schrift unerschütterlich und wahr ist. Danken wir Gott für Träume, Visionen, übernatürliche Heilungen, Befreiungen und andere besondere Taten der göttlichen Vorsehung, die Christus verherrlichen? Auf jeden Fall. Aber das übernatürlichste Werk von allen ist, wenn der Heilige Geist Menschen dazu bringt, sich dem übernatürlichen Wort Gottes zu unterwerfen.

Meine Brüder und Schwestern im Westen, wenn ihr die Arbeit des Evangeliums in Indien unterstützt, seid ihr dann so einsichtig und entschlossen, euch nicht von den sensationellen Dingen mitreißen zu lassen? Werdet ihr euch daran erinnern, dass die Verkündigung des Evangeliums und die Lehre der Heiligen Schrift ein Volk hervorbringen, das dem Bild Christi entspricht? Wirst du sicherstellen, dass jede „Evangeliumsarbeit“, die du befürwortest oder unterstützt, auf der Botschaft von Christi Tod und Auferstehung für die Sünder, dem Evangelium der Buße und des Glaubens und Gottes heiligem und inspiriertem Wort beruht? Ich bete dafür, dass ihr das tut.

Wenn du also das nächste Mal ein übernatürliches Zeugnis aus Indien (oder irgendwo anders) hörst, achte darauf, ob die Person das Evangelium wirklich verstanden hat. Und achte darauf, dass vor allem Gott die Ehre für sein wunderbares übernatürliches Werk bei der Rettung verlorener Sünder gebührt.

Teil III: Übereifrig bei der Kontextualisierung

Die Szene war so verwirrend, dass sie einem Hollywood- (oder Bollywood-) Film entsprungen sein musste: Wir befinden uns auf einem belebten Basar in einer großen Stadt in Nordindien. Ein weißer Mann in engen Jeans fährt auf einem Mini-Motorrad vor und läuft uns entgegen. Er führt uns durch enge „gullies“ (Gassen) in das kleine, überfüllte Viertel, in dem er lebt und arbeitet. Wir hören von dem Dienst, den er und sein Freund hier verrichten. Ihr Ziel: eine bestimmte Bevölkerungsgruppe für Christus zu gewinnen. Aber sie wollen nicht an der Seite der etablierten nationalen Kirche arbeiten. Sie wollen Menschengruppen für Christus gewinnen, aber sie wollen diesen Menschen nicht beibringen, wie es aussieht, Christus nachzufolgen. Vielmehr wollen sie, dass die Menschen in der Lage sind, Christus „aus ihrer eigenen Kultur heraus“ zu folgen. Das Ergebnis ist jedoch in vielen Fällen ein religiöser Mischmasch, der kaum noch Ähnlichkeit mit dem biblischen Christentum hat.

Es gibt mehr als ein paar solcher Gastarbeiter, die in Indien arbeiten.

Ich habe bereits den Wahn um Zahlen und die Faszination des Westens für „übernatürliche“ Zeugnisse beschrieben. An dieser Stelle möchte ich ein anderes Thema ansprechen, das in Indien, ähnlich wie in der muslimischen Welt, schnell an Boden gewinnt und Probleme verursacht: extreme Formen der „Kontextualisierung“.

Was meine ich nun mit Kontextualisierung? Das Wort wird in der Missionswissenschaft verwendet, um zu beschreiben, wie das Evangelium in verschiedenen Kulturen konkretisiert und verdeutlicht werden sollte. Bin ich gegen die Kontextualisierung? Nein, natürlich nicht! In den Jahren meines Dienstes in Indien habe ich noch nie eine Krawatte zum Predigen getragen. Ich predige oft barfuß, und die Gemeinden sind in indische Kleidung gekleidet und sitzen auf dem Boden. Wenn ich im Westen predige, trage ich fast immer Anzug und Krawatte. Der Ton meiner Predigten ist anders, die Illustrationen, die ich verwende, sind anders, und die Themen, auf die ich die Heilige Schrift anwende, sind anders, alles abhängig vom Kontext. Und ja, meine Frau trug an unserem Hochzeitstag einen Saree (und kein Kleid). Natürlich bin ich dankbar für die vielen westlichen Missionare, die die biblische Botschaft auf eine Weise kontextualisieren, die biblisch gerechtfertigt, hilfreich und der Kultur angemessen ist.

Es geht mir hier nicht darum, die Kontextualisierung zu kritisieren. Ich möchte mich auch nicht auf nuancierte Diskussionen über das Spektrum der Kontextualisierung und darüber, wie viel Kontextualisierung legitim ist, einlassen. Vielmehr möchte ich das Bewusstsein für bestimmte illegitime Formen der Kontextualisierung schärfen, die sich in Indien mehr und mehr verbreiten. Diese Formen der Kontextualisierung erhalten ihren Anstoß von westlichen Missionaren, die sich weigern, mit den etablierten nationalen Kirchen zusammenzuarbeiten, weil sie glauben, mehr über die indische Kultur zu wissen als alle anderen. Und ähnlich wie die „Insider-Bewegungen“ in der islamischen Welt4 führen die meisten dieser Lehren zu falschen und häretischen Bewegungen in Indien, die weit vom biblischen Christentum entfernt sind. Es ist mein Gebet, dass das, was ich hier erzähle, Brüder und Schwestern im Westen herausfordert, Missionare nicht länger zu unterstützen, die falsche Lehren verbreiten und schädliche Methoden des Dienstes praktizieren.

Hinduistische Nachfolger von Christus?

Einige meiner Begegnungen mit westlichen christlichen Mitarbeitern in Indien haben mich tief beunruhigt. Im letzten Sommer besuchte ich Indien, als mein Arbeitsteam auf einen dieser Männer stieß – einen Amerikaner, der fast zehn Jahre in Indien verbracht hat. Er hält uns indische Christen für zu „verwestlicht“ und glaubt, dass er der indischen Kultur nähersteht, weil er indische Feste feiert und einige indisch-hinduistische Bräuche praktiziert – Bräuche, die indische Gläubige wie ich abgelehnt haben. Dieser Mann aus dem Westen glaubt, dass diese Dinge dazu beitragen werden, die Glaubensbarrieren unter den Hindus der oberen Gesellschaftsschichten, die er erreichen will, abzubauen.

Es gibt noch andere wie ihn, die in der Missionslandschaft unterwegs sind. Viele von ihnen sind Latte schlürfende, Skinny-Jeans tragende christliche Hipster von der Westküste oder aus Kanada, die, aus welchen Gründen auch immer, vom traditionellen Christentum gelangweilt oder desillusioniert zu sein scheinen. Sie sind auf der Suche nach etwas Neuem. Sie haben die neuesten und besten Bücher über Mission, Kontextualisierung und Kultur gelesen (und vielleicht auch ein wenig Literatur über aufstrebende Gemeinden und postmoderne Philosophie). Und so kommen sie nach Indien und versuchen, Gemeinschaften von „Jeschu-Baktha-Hindus“ oder „Hindu-Jüngern Jesu“ zu gründen. Sie wollen nicht als „Christen“ identifiziert werden, weil sie das für „zu westlich“ halten (vergiss Apg 11,26 !).

In diesen Gemeinschaften tritt eine Puja oder ein hinduistisches Initiationsritual, das im Namen Jesu durchgeführt wird, an die Stelle der christlichen Taufe. Das „Abendmahl“ besteht aus dem Zerbrechen einer Kokosnuss und dem Trinken von Kokoswasser. Anstelle von christlichen Hymnen werden Bhajans (hinduistische Andachtslieder) in Jesu Namen gesungen. Der Gottesdienstraum ist mit kleinen Diyas (indische Öllampen, die typischerweise bei religiösen Zeremonien im Hinduismus verwendet werden) beleuchtet. In diesen Gemeinschaften wird nicht gepredigt, denn „Monolog“ wird als westliche Idee betrachtet. Diese Gruppen werden von „Gurus“ und nicht von „Pastoren“ geleitet. Und die Geschichte der Heiligen Schrift wird durch eine Geschichte ersetzt, die der einheimischen Kultur entlehnt ist: Jesus wird im Sinne der hinduistischen Mythologie verstanden und das Opfer Jesu wird im Lichte der Veden interpretiert.

Viele, die solche Lehren verbreiten, tun dies in der Regel aus guten Motiven. Sie hüten sich vor einer kolonialistischen Form der Mission, die den einheimischen Christen die westliche Kultur aufzwingt. Sie wollen wirklich, dass eine einheimische christliche Bewegung entsteht. Sie haben sich die neueste „Missionsforschung“ zu eigen gemacht, die besagt, dass die Beseitigung kultureller Hindernisse für den Glauben der beste Weg ist, um Gemeindewachstum zu erreichen. Und so kleiden sie das Christentum in das Gewand bestimmter kultureller Gruppen, in der Hoffnung, dass diese Gruppen den christlichen Glauben annehmen und dabei ihre eigene Kultur beibehalten würden.

Sollen wir den Herrn zur Eifersucht reizen?

Leider erkennen diese wohlmeinenden Befürworter eines „kontextualisierten“ Christentums nicht, dass sie ein verstümmeltes Evangelium präsentieren und Gemeinschaften bilden, welche nicht im vollen Sinne christlich sind. Ich möchte hier vier ernsthafte Probleme dieser „Kontextualisierungs“-Bewegungen aufzeigen.

Synkretismus und eine biblische Weltanschauung

Erstens ist das natürliche Ergebnis einer solchen „Kontextualisierung“ Synkretismus der schlimmsten Art – eine gefährliche und verhängnisvolle Mischung aus hinduistischer und christlicher Weltanschauung. In schwerwiegenden Fällen zögere ich nicht, die Bewegungen als häretisch zu bezeichnen. Die eifrigen Befürworter der „Kontextualisierung“ glauben, dass sie die indische Kultur bewahren, aber sie erkennen nicht, dass für Inder (anders als im Westen) Kultur, Weltanschauung und Religion untrennbar miteinander verwoben sind. Die meisten Inderinnen und Inder, darunter auch „verwestlichte Christen“ wie ich, sowie ehemalige Hindus, die auf Christus vertraut haben, erkennen diese Tatsache an.

Die enge Verbindung zwischen Kultur und Religion im indischen Denken ist der Grund dafür, dass die meisten Inder einen negativen Eindruck vom Christentum haben, denn sie gehen davon aus, dass alle westlichen Kulturen „christliche Kulturen“ sind. Aber wir wissen, dass das Christentum kein Produkt der „westlichen“ Kultur ist. Vielmehr ist die christliche Botschaft eine Weltanschauung, die alle Kulturen verändert, sowohl die östliche als auch die westliche. Das Evangelium verlangt eine Abkehr von weltlichem Denken, Unmoral und ausschweifendem Lebensstil im Westen, genauso wie es eine Abkehr von Götzendienst und Aberglauben im Osten verlangt. Wir müssen die kulturübergreifende Herrschaft und Herrlichkeit Jesu verkünden, anstatt unsere Botschaft und Praxis auf bestimmte kulturelle Gruppen auszurichten.

Die Apostel haben nie zugelassen, dass heidnische Kulturen die biblische Botschaft oder die Form des christlichen Gottesdienstes beeinflussen. Vielmehr gibt Paulus selbst in einer heidnischen Kultur wie Korinth der Heiligen Schrift den Vorrang. In seinem Brief an die überwiegend heidnische Gemeinde in Korinth fordert Paulus die Gläubigen auf, ihre Identität in Bezug auf die biblische Geschichte zu sehen (1Kor 10). Paulus schreibt ihnen vor, was in ihren Gottesdiensten geschehen soll und sagt ihnen sogar, wie sie das Abendmahl einnehmen sollen (1Kor 11–14). Paulus verkündet den Tod und die Auferstehung Christi in Übereinstimmung mit der Schrift (siehe 1Kor 15,3–4) und nicht mit einem kulturellen Metanarrativ aus Korinth. Die Schrift formt das Volk Gottes, nicht umgekehrt. Ich habe mich oft gefragt, ob es einen Zusammenhang zwischen den Kontextualisierungsbewegungen und dem Einfluss der Postmoderne gibt. Die Autorität wird vom geoffenbarten Wort auf die Gemeinschaft der Leser verlagert.

Die Befürworter der „kontextualisierten“ Bewegungen missachten den biblischen Grundsatz, dass die Finsternis keine Gemeinschaft mit dem Licht hat und Christus nicht mit Belial übereinstimmt (vgl. 2Kor 6,14–15). Das Wort Christi wird im Namen der „Kontextualisierung“ verstümmelt.

Wenn wir als indische Gläubige diese Kritik äußern, werden wir als „verwestlicht“ abgestempelt. In der Tat wird uns indischen Gläubigen mit „christlichem Hintergrund“ gesagt, dass wir kein Recht haben, uns zu solchen Themen zu äußern, da wir die Ursache des Problems sind. Aber selbst wenn Gläubige mit „hinduistischem Hintergrund“ ihre Bedenken äußern – und ich kenne einige, die das tun – werden sie als „verwestlicht“ abgetan. Die Ironie ist verblüffend: Diese Menschen aus dem Westen behaupten, dass sie mehr über die indische Kultur wissen als Inder, die in Indien geboren und aufgewachsen sind.

Christus befiehlt uns zu „lehren“

Einige der gemäßigteren Befürworter der „Kontextualisierung“, mit denen ich zu tun hatte, sagten mir, dass sie nicht wollen, dass das westliche Verständnis des Christentums den Menschen in Indien aufgezwungen wird. Anstatt den Indern beizubringen, wie das christliche Leben und der Gottesdienst aussehen, fordern sie sie auf, die Bibel zu lesen und ihre eigenen Schlussfolgerungen zu ziehen. Klingt gut, nicht wahr?

Vielleicht, wenn Christus uns nicht etwas anderes befohlen hätte. Der Missionsbefehl beinhaltet die Aufforderung, Jünger zu machen und sie zu lehren, alle Gebote Christi zu befolgen (vgl. Mt 28,18–20). Und die Gebote Christi werden im apostolischen Wort, der Bibel, offenbart. Die Bibel gibt die Tagesordnung vor. Die Bibel formt die christliche Identität. Die Bibel zeigt uns, wie das christliche Leben und die Anbetung aussehen. Und die Bibel sagt uns, dass Jesus sein Volk durch Lehrer ausrüstet (vgl. Eph 4,11). Das bedeutet, dass wir das Wort Gottes über ethnische und kulturelle Grenzen hinweg auslegen und anwenden müssen – so wie Paulus, der ehemalige Jude, es in den Gemeinden tat, die er in nichtjüdischen, heidnischen Kulturen gründete. Die Vorstellung, dass Gemeinden einfach lesen und ihre eigenen Schlussfolgerungen ziehen sollten, ist in der postmodernen Denkweise verwurzelt, welche die Autorität in die Gemeinde und nicht in den Text legt.

„Insider-Bewegungen“ und „heimliche Gläubige“

Eine weitere Folge der „Kontextualisierungs“-Bewegungen ist das Aufkommen von hinduistischen „Insider-Bewegungen“. Befürworter von „Insider-Bewegungen“ lehren die Menschen, „heimliche Gläubige“ oder „Hindu-Anhänger Jesu“ (Yeshu-Bakhta Hindus) zu bleiben, damit sie nicht von ihren Familien und Gemeinden ausgeschlossen werden. So können sie schließlich „mehr Bekehrte für Christus gewinnen.“ Darüber hinaus lehren diejenigen, die diese Formen der Kontextualisierung befürworten – im direkten Gegensatz zu 2. Korinther 6,14-18 (auch 1Kor 7,39) – die Menschen, eine Ehe mit Ungläubigen aus ihrer eigenen Herkunft und ethnischen Gesellschaftsschicht der Ehe mit Gläubigen anderer Gruppen vorzuziehen. Sie bestehen auch darauf, dass „Hindu-Anhänger von Jesus“ niemals „Gläubige mit christlichem Hintergrund“ heiraten sollten.

Der pragmatische Wunsch, Kulturen zu erhalten und die Gemeinde wachsen zu lassen, führt dazu, dass die Botschaft des Evangeliums verwässert und der Ruf, Christus um den Preis der Verfolgung und des Ausschlusses aus der eigenen Verwandtschaft nachzufolgen, verworfen wird (vgl. Mt 10,34–38; Mk 8,31–38; Joh 15,18–25; 16,33; 2Tim 3,12).

Dieses Zeugnis einer Schwester in Christus mit hinduistischem Hintergrund veranschaulicht den Punkt:

„Als ich Christin wurde, gab es in meiner Umgebung einige Leute, die mich lehrten, ich solle eine „heimliche Gläubige“ bleiben und niemandem von meinem Glauben erzählen. Sie wollten nicht, dass ich von meiner Familie ausgeschlossen werde. Deshalb ermutigten sie mich, als „heimliche Gläubige“ zu leben, damit ich in meiner Familie bleiben konnte, in der Hoffnung, dass auch meine Familie und meine Gemeinde irgendwann zu Christus kommen würden. Als ich aus beruflichen Gründen in eine andere Gegend zog, lernte ich, dass diese Lehre völlig falsch war. Ich fand eine große Freiheit, als ich meinen Eltern und meiner Gemeinde endlich offen und mutig meinen Glauben an Christus mitteilte. Ich erzählte ihnen von Jesus und dem Werk, das er in meinem Leben getan hat. Obwohl ich anfangs abgelehnt und geächtet wurde, begann meine Familie nach zehn Jahren endlich, meine Entscheidung, Christus zu folgen, zu respektieren. Sie waren sogar bei meiner Hochzeit mit einem gläubigen Christen in der Gemeinde dabei!”

Indische Gemeindeleiter wie ich und meine indischen Kollegen rufen die Menschen dazu auf, offen und engagiert Christus nachzufolgen und sich der Autorität und Jüngerschaft der Ortsgemeinde zu unterstellen. Die Befürworter der „Kontextualisierung“ werfen uns daraufhin vor, dass wir „Extraktions-Evangelisation“ praktizieren (Einzelpersonen aus ihren Familien und Gemeinschaften herausholen) und nicht „das Wachstum von Volksbewegungen fördern“. Aber wenn ich mich recht erinnere, war es Jesus, der erklärte, dass diejenigen, die ihm nachfolgen, um seines Namens willen von allen gehasst werden und dass ein Mensch in seinem eigenen Haus Feinde finden wird, aber man Jesus um den Preis all dessen annehmen und ihm nachfolgen muss (vgl. Mt 10,34–39). Das Neue Testament sagt uns, dass Christen „Gäste und Fremdlinge“ sind, die „von den Menschen verworfen“ wurden, aber „auserwählt und kostbar“ in den Augen Gottes sind (1Petr 2,4–11). Gläubige sind aufgerufen, die Schmach Christi zu tragen und mit ihm „außerhalb des Lagers“ zu gehen (Hebr 13,12–13).

Was sie tun, wenn es nicht klappt

Die Ironie des Ganzen ist, dass die Befürworter der „Kontextualisierung“ dramatisch versagen, wenn es darum geht, Menschen in Indien wirklich für Christus zu gewinnen. Praktisch niemand wird für Christus gewonnen, denn wenn das Evangelium nicht klar verkündet wird, gibt es keine Kraft, Menschen aus der Dunkelheit ins Licht zu ziehen. Tatsächlich sind nur wenige Inder daran interessiert, sich einer Bewegung anzuschließen, die in jeder Hinsicht ihrer eigenen Religion gleicht, der aber lediglich ein neuer Gott angehängt wurde. Eine der Personen aus dem Westen, die ich oben erwähnt habe, hat mehrere Jahre in Indien gelebt und all diese indischen Bräuche übernommen, aber niemand scheint an seiner Lehre interessiert zu sein.

In ihrem verzweifelten Streben danach, eine Art von Erfolg zu erzielen, greifen einige dieser Gruppen zu schändlichen und hinterhältigen Taktiken. Sie beginnen, in die etablierten indischen Gemeinden einzutreten, die sie früher verschmäht haben. Sie erwecken den Eindruck, dass sie die Gemeinschaft suchen, und versuchen, das Vertrauen von nationalen Gemeindeleitern zu gewinnen. Und nachdem sie sich ihren Weg in die etablierten Gemeinden gebahnt haben, beginnen sie, neue Gläubige ins Visier zu nehmen, die sich erst kürzlich zu Christus bekannt haben und aus einem hinduistischen Umfeld stammen. Das heißt diejenigen, die schwach sind und denen Verfolgung und Ablehnung drohen, diejenigen, die gerade lernen, was es kostet, Christus zu folgen. Die Befürworter der „Kontextualisierung“ beginnen dann, diese schwachen und jungen Gläubigen einer Gehirnwäsche zu unterziehen und ihnen beizubringen, dass sie „verwestlicht“ werden. Man sagt ihnen, dass sie ihre hinduistische Identität nicht aufgeben sollen: „Du brauchst kein Christ zu sein – sei stattdessen ein ‚Hindu-Nachfolger Jesu‘.“ Auf diese Weise finden viele Befürworter der „Kontextualisierung“ ihre „Bekehrten“. Ich weiß das, weil ich es immer wieder erlebt habe und weil ich neue Gläubige kenne, die in diese Fallen getappt sind. Wenn solche Dinge passieren, bete ich, dass der Herr solche „Dienste“ auslöscht.

Vorwärts gehen

Okay, vielleicht bist du durch das Lesen dieses Beitrags angeregt worden, dieses Thema ernster zu nehmen – was nun? Wie kannst du dazu beitragen, dass diese Art von falschen und zerstörerischen Lehren nicht weiterwächst?

  1. Sei bitte sehr vorsichtig, wen du unterstützt. Die meisten dieser westlichen Mitarbeiter auf dem Feld werden von rechtgläubigen, evangelikalen, bibeltreuen Gemeinden finanziert, die entsetzt wären, wenn sie erfahren würden, was die von ihnen Unterstützten auf dem Feld tun. Bitte sei vorsichtig. Halte alle von dir unterstützten Missionare zu einer strengen lehrmäßigen Rechenschaftspflicht an und überprüfe regelmäßig, ob sie die Wahrheit lehren.
  2. Überprüfe immer die Werte und Besonderheiten der Missionsorganisationen und lehne es ab, eine Missionsorganisation zu unterstützen, die diese extremen Formen der Kontextualisierung befürwortet. Kontextualisierung ist bei jedem kulturübergreifenden Vorhaben notwendig, aber hüte dich vor den Formen der Kontextualisierung, die dem biblischen Christentum nicht gerecht werden.
  3. Wenn du ein Missionar sein willst, solltest du die etablierte nationale Kirche nicht ignorieren. Wann immer es möglich ist, solltest du mit treuen nationalen Gemeindeleitern zusammenarbeiten, damit du die Kultur besser verstehst und weißt, wie das Evangelium in dieser Kultur Gestalt annehmen sollte. Ich weiß, dass dies eine Herausforderung sein kann und dass die nationalen Gemeinden in vielen Fällen korrupt, ungesund oder gar nicht vorhanden sind. Aber wenn es möglich ist, solltest du dich bemühen, treue und lehrmäßig solide nationale Brüder zu finden, mit denen du zusammenarbeiten kannst. Ich versichere dir – es gibt sie. Wenn du dich in einer Pionierarbeit befindest wo es keine nationale Kirche gibt, solltest du die Kultur gut verstehen. Unterscheide zwischen den Formen der Kultur, die religiös sind, und denen, die es nicht sind. Scheue dich nicht davor, den „ganzen Ratschluss Gottes“ zu lehren – das bedeutet, dass du die Menschen lehrst, das Christentum als eine umfassende Weltanschauung anzunehmen. Bringe ihnen bei, kulturelle Praktiken abzulehnen, wenn die Heilige Schrift es verlangt, und sei dir sicher, dass deine „Kontextualisierung“ biblisch gerechtfertigt ist.

1 Mein Ziel ist es hier nicht in erster Linie, ein biblisches und theologisches Argument gegen die Gemeindewachstumsbewegung oder gegen die pragmatischeren Befürworter von Strategien der „Gemeindegründungsbewegung“ (CPM) vorzubringen. Vielmehr geht es mir in erster Linie darum, auf die schlechten Früchte solcher Methoden in Indien hinzuweisen. Eine scharfe und durchdringende Kritik an den CPM-Methoden finden Sie in den hervorragenden Artikeln von Jackson Wu: There Are No Church Planting Movements In The Bible: Why Biblical Exegesis and Missiological Methods Cannot Be Separated und The Influence of Culture On the Evolution of Mission Methods: Using “Church Planting Movements” As A Case Study.

2 Ken R. Gnanakan, Caste and the Indian Church: A Response to Donald McGavran, Transformation 2 (1985): 24

3 Siehe den jüngsten Vorstoß der BJP-Regierung in Indien zur Verabschiedung eines „Anti-Konversions“-Gesetzes und die Flut von „Heimkehr”-Zeremonien (ghar wapsi) zur Rückkehr zum Hinduismus. PTI, BJP Demands Anti-Conversion Law, Zee News, 29. Dezember 2014 [online]; verfügbar unter http://zeenews.india.com/news/bihar/bjp-demands-anti-conversion-law_1522141.html; Pragya Kaushika, Don’t Want a Religion that Only Rejects Us, Say the Aligarh Dalits on RSS list, The Indian Express, 14. Dezember 2014 [online]; verfügbar unter http://indianexpress.com/article/india/india-others/dont-want-a-religion-that-only-rejects-us-say-the-aligarh-dalits-on-rss-list/. Die Re-Konvertierung von großen Gruppen zum Hinduismus ist in Indien seit einigen Jahren recht häufig. Siehe z. B. Nirmala Carvalho, Tamil Nadu: A Thousand Dalit Christians Reconvert to Hinduism, Asia News, 14. April 2008 [online]; verfügbar unter http://www.asianews.it/news-en/Tamil-Nadu:-A-thousand-Dalit-Christians-reconvert-to-Hinduism-12011.html.

4 Einen kurzen Einblick in die „Insider-Bewegungen“ in der islamischen Welt bietet dieses aufschlussreiche Interview mit einem Pastor aus Bangladesch: http://www.wts.edu/stayinformed/view.html?id=1579


Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit Evangelium21 übersetzt. Mehr evangeliumszentrierte Ressourcen gibt es auf evangelium21.net.