Leitung durch Älteste

Die Herde im Blick behalten

Von Bob Johnson

Bob Johnson ist leitender Pastor der Cornerstone Baptist Church in Roseville, Michigan.
Artikel
01.06.2023

Hilfen für den pastoralen Dienst, Teil 2

Vor anderthalb Jahren schrieb ich bereits einen ersten Artikel zu diesem Thema. Dort berichtete ich, dass wir uns als Älteste noch intensiver und besser um unsere Gemeindemitglieder kümmern wollten. Ich war davon überzeugt, dass wir mehr über das Leben der Einzelnen Bescheid wissen müssten, wenn wir behaupten wollten, wir hätten über ihre Seelen gewacht (Hebr 13,17). In seinem Buch The Shepherd Leader unterscheidet Tim Witmer zwischen Makro-Hirtenschaft (Predigt, Lehre, Organisation) und Mikro-Hirtenschaft (Gespräche, persönliche Jüngerschaft, gemeinsames Gebet usw.). Ich hatte den Eindruck, dass wir der Makro-Hirtenschaft bereits viel Aufmerksamkeit geschenkt hatten, es aber bei dem Mikro-Aspekt noch Aufholbedarf gab. Im ursprünglichen Artikel hatte ich also einige Schritte genannt, die wir als Älteste unternehmen wollten, und hatte versprochen zu berichten, wie es gelaufen ist.

Die Ergebnisse waren erstaunlich! Steigerung der Besucherzahlen um 600 Prozent! 850 Prozent Zunahme der Spenden! Acht Gemeindegründungen! 57 junge Männer auf der Bibelschule! Zwei Millionen neue Twitter-Follower! Okay, das stimmt nicht ganz. Aber wie ist es wirklich gelaufen?

Drei praktische Schritte

Der Plan bestand aus drei grundlegenden Elementen, welchen einige praktische Schritte folgten:

  • Mit meinen Ältesten nachdenken über das Wesen der Gemeinde und unsere Verantwortung, für jedes Mitglied zu sorgen.
  • Eine klare Vision entwickeln für einen Dienst, der die Fürsorge für jedes Gemeindeglied beinhaltet.
  • Die Planung des Hirtendienstes auf Beziehungen aufbauen, anstatt nur auf Situationen zu reagieren.

Das Ziel dieses letzten Schrittes war es, einen Betreuungsplan für jedes Gemeindemitglied zu erstellen, um zu wissen, wie wir am besten für sie beten, sie ermutigen und herausfordern können. Außerdem wollten wir sie besser informieren über Dienste, Ressourcen und Personen, die ihnen helfen könnten (oder denen sie helfen könnten). Die Ältesten gingen die ersten beiden Schritte gerne an, worauf sie sich dann vornahmen, auch den dritten anzupacken. Wir gingen folgendermaßen vor:

Leiterschaft durch Beziehungen

Zunächst baten wir jeden Ältesten, pro Monat fünf Mitglieder zu kontaktieren. Unsere Mitgliederzahl beträgt etwas mehr als 1.000 Personen. Wir organisierten uns nicht danach, wer wen bereits kannte, aber wir konnten natürlich auf der Grundlage aktueller Beziehungen und anderer wichtiger Kriterien tauschen.

Zunächst versuchten wir, die uns zugewiesenen Mitglieder per Telefon zu kontaktieren. Der Älteste stellte sich vor und erklärte, dass wir regelmäßig für jedes Mitglied unserer Gemeinde beten und daher gerne hören würden, für welche konkreten Anliegen Gebet gewünscht sei. Diejenigen, die wir telefonisch erreichten, schienen es in den meisten Fällen sehr zu schätzen, dass wir sie kontaktierten. In einigen Fällen rief der Älteste zu einem sehr passenden Zeitpunkt an und konnte dem Gemeindeglied in der Bewältigung einer akuten Notsituation helfen. In anderen Fällen wurde die Person überrumpelt und hatte in dem Moment kein Gebetsanliegen parat. Einige von ihnen riefen allerdings später nochmals zurück, weil ihnen doch noch etwas eingefallen war. Insgesamt gingen wohl circa 40–50 % unserer Mitglieder nicht ans Telefon und riefen auch nicht zurück.

Offensichtliche Vorteile

Auch wenn wir noch nicht alle Mitglieder erreicht hatten, so war dies doch von unschätzbarem Wert. Einer der greifbaren Vorteile war der verstärkte Kontakt zwischen den Ältesten als Hirten und den „Schafen”. Ein Hirte, der nicht nach Schafstall riecht, ist kein guter Hirte. Wir erfuhren alle von den täglichen Herausforderungen, mit denen einige Mitglieder zu kämpfen haben. Und wir merkten, wie ein einziger Anruf die Tür zu vielen nachfolgenden Gesprächen öffnen kann.

Ein weiteres Resultat war die Erkenntnis, wie wenig manche Mitglieder über die verschiedenen Dienste unserer Gemeinde Bescheid wussten. So wurden wir gezwungen, unsere Kommunikation bewusster anzugehen.

Die Gemeinde erkannte dadurch außerdem, dass jedes Mitglied die Verantwortung hat, für andere zu beten und füreinander zu sorgen. Wenn die Ältesten als Vorbilder vorangehen, kann ich die Gemeindeglieder anschließend dazu aufrufen, hierin Schritt zu halten. Ich bestärke sie, füreinander zu beten, wann immer sie sich treffen, vor allem an Sonntagen. Wenn ich sehe, wie einige nach dem Gottesdienst in den Bänken sitzen oder sich in einer Ecke treffen und füreinander beten, ist das sehr ermutigend.

Darüber hinaus werden die Ältesten immer wieder daran erinnert, dass unsere Gemeinde keine Ansammlung von Diensten ist, die es zu verwalten gilt, sondern eine Herde von Menschen, die man ernähren und anleiten und denen man dienen sollte.

Versteckte Vorteile

Es scheint auch einige Vorteile zu geben, die auf den ersten Blick nicht sichtbar sind. Meine Frau hörte kürzlich zufällig, wie ein Gemeindeglied ein anderes fragte: „Wurdest du schon von einem Ältesten angerufen?“ Das Mitglied fragte dies in einer positiven Art und Weise und drückte seine Dankbarkeit für unsere Fürsorge aus. Der Gedanke, dass wir eine klar definierte Herde sind und dass die Hirten uns kennen und sich um uns kümmern, ist ein großer Trost für unsere Gemeinde.

Es hat unserer Gemeinde auch geholfen zu erkennen, dass wir die Mitgliedschaft immer lebendig und ordnungsgemäß halten müssen. Ich kann keine statistischen Daten vorlegen, aber die Gemeinde scheint sich in einer gesunden Lage zu befinden. Sie scheinen unserer Leitung als Älteste wirklich zu vertrauen. Ich höre mir die Fragen an, die in unseren Mitgliederversammlungen gestellt werden, und versuche, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sehr sie der Leitung vertrauen. Es scheint, dass die Gemeinde mit den Ältesten und den anderen Leitern in Frieden lebt, und diese besonderen Bemühungen um die Betreuung jedes Mitglieds tragen dazu bei.

Der nächste Schritt

Was ist nun der nächste Schritt? Wir wollen versuchen, unsere Gespräche zu vertiefen und die Beteiligung der Mitglieder zu erweitern. Dafür haben wir unsere Logistik ein wenig umgestellt. Wir haben jedem Ältesten eine Gruppe von Personen zugewiesen, die er zu Beginn des Jahres kontaktieren und betreuen soll. Jeder Älteste hält dann das ganze Jahr über die Augen für Gesprächsmöglichkeiten offen, nicht nur in einem bestimmten Monat. Obwohl wir also monatlich Bericht erstatten, suchen wir das ganze Jahr über Kontakt.

Außerdem wurde unsere Datenbank verbessert, sodass sie für die Ältesten leichter zu handhaben ist. Wir kontaktieren die Leute neben Telefon und persönlichem Gespräch auch per E-Mail und Textnachrichten. Persönlich oder per Telefon ist uns lieber, aber wenn wir wenigstens eine E-Mail zurückbekommen, nutzen wir auch das. Wir fragen die Gemeindemitglieder nicht nur: „Wie können wir für dich beten?“, sondern auch: „Welche geistlichen Ziele hast du, zu denen wir dich ermutigen können?“ Diese Frage öffnet eine Reihe von Türen zu den Herzen unserer Leute.

Wir sind noch immer nicht vollends zufrieden mit unserem pastoralen Dienst, aber wir sind dankbar für die Fortschritte, die wir machen konnten. Hebräer 13,17 bleibt eine Herausforderung, aber die Ältesten haben ihren Dienst ausgebaut und die Gemeinde ist dadurch gesünder geworden.


Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit Evangelium21 übersetzt. Mehr evangeliumszentrierte Ressourcen gibt es auf evangelium21.net.