Gemeinsames Leben

Der Siegeszug des modernen Selbst in der christlichen Jugendarbeit?

Von Walt Mueller

Walt Mueller ist Gründer und Vorsitzender von The Center for Parent/Youth Understanding, einer Organisation, die Familien und Gemeinden im Umgang mit kulturellen Trends stärken möchte. Er war mehrere Jahrzehnte in der Jugendarbeit tätig, produziert Podcasts und ist Autor mehrerer Bücher.
Artikel
01.06.2023

In einem Werbespot, der im Fernsehen und Radio läuft, kann man zu Beginn eine Vielzahl von glücklichen, lebhaften jungen Stimmen hören, die durcheinander sprechen. Dann stellt der Erzähler die Frage: „Was möchtest du denn sein?“ Einige Teenager sagen etwas über die verwirrende Suche nach ihrer Identität, dann hören wir die Einladung: „Wer auch immer du sein willst, auf Instagram kannst du es werden!“

Zwei Gedanken schossen mir dabei durch den Kopf. Der erste: Da hat die Marketing-Abteilung von Instagram wirklich das aufgespürt, was unsere Kinder mit äußerster Dringlichkeit beschäftigt – die Beantwortung der alles entscheidenden Frage: „Wer bin ich?“ Und man kann sich dafür natürlich kaum einen gefährlicheren Ratgeber vorstellen als Instagram. Was mich zu meinem zweiten Gedanken bringt, der kurz und bündig lautet: „Puh!“

Da wir alle in der gleichen „kulturellen Suppe“ schwimmen, kann uns leicht die Bedeutsamkeit dieses 30-Sekunden-Werbespots entgehen. Aber wenn wir uns etwas Zeit nehmen, um über dieses kulturelle Artefakt nachzudenken, wird deutlich, dass es sowohl direktiv als auch spiegelnd ist. Diese Werbung funktioniert direktiv, weil sie unseren beeinflussbaren jungen Leuten eine Richtungsweisung vorlegt, welchem Weg sie bei dem Projekt ihrer Identitätsfindung folgen sollen. Sie ist aber auch spiegelnd, denn sie eröffnet uns einen aufschlussreichen Blick auf unsere bestehenden Grundüberzeugungen, wer wir als Menschen sind.

Carl Trueman holt mit seinem Buch Der Siegeszug des modernen Selbst (erscheint im Herbst bei Verbum Medien; Originaltitel: The Rise and Triumph of the Modern Self) den Leser aus dieser „kulturellen Suppe“ heraus und hilft uns, das Ausmaß der aktuellen Veränderungen zu verstehen. Sein erläuternder Gang durch die Ideengeschichte, die uns zum „expressiven Individualismus“ geführt hat, ist brillant. Unsere Kinder kennen höchstwahrscheinlich dieses Wort überhaupt nicht, geschweige denn, dass sie es erklären könnten. Doch unbewusst haben sie sich ihn mit nahezu jeder Faser ihres Lebens angeeignet, am deutlichsten sichtbar in ihren progressiven Ansichten über Sexualität und Geschlecht.

Ich möchte hier in diesem Artikel einigen Fragen nachgehen: „War unsere christliche Jugendarbeit mit daran beteiligt, dass sich der expressive Individualismus im Leib Christi wie Krebs ausbreiten konnte? Und wenn ja: Wie konnte der Siegeszug des modernen Selbst auch bei uns stattfinden und inwiefern hat er auf subtile Weise unsere Lehrinhalte wie auch die Gestalt und Praxis unserer Jugendarbeit verändert?“

Bei der Lektüre von Der Siegeszug des modernen Selbst komme ich nicht umhin, mir Gedanken über die Ziele unserer Arbeit zu machen. Es geht doch darum, in den Kindern die Identität heranzubilden, mit der sie geschaffen wurden – statt ihnen die Übernahme einer entstellten Identität zu ermöglichen, die sie sich aus ihrer Gefühlswelt heraus selbst erschaffen. Unsere Jugendarbeit sollte einen Lebensstil der treuen Jesus-Nachfolge einschließlich Selbstverleugnung (vgl. Mk 8,34–37) fördern, indem wir die biblische Wahrheit durch eine wohlüberlegte Jugendarbeitspraxis vermitteln.

Was? Biblische Wahrheit

Seit dem Tag ihrer Geburt befinden sich unsere Kinder in einer Welt, in der es verpönt ist, sich irgendeiner Autorität außerhalb der eigenen Person unterzuordnen. Die Souveränität Gottes und die Autorität der Schrift sind veraltete Relikte. Letzten Endes liegen Souveränität und Autorität in mir selbst. Unsere Intuition fördert also gewisse Glaubenssätze und Verhaltensweisen, wobei wir einander bestärken, „meine Wahrheit“ zu finden und zu leben.

Unsere Kinder werden von klein auf mit einem Denken gefüttert, das besagt: „Es dreht sich alles um dich“, „Folge deinem Herzen“ und „Wer du bist, entscheidest nur du selbst“. Daher ist es wenig überraschend, nun eine Generation junger Leute zu sehen, die immer abgekoppelter und ahnungsloser sind, wenn es um – allgemein gesagt – autoritative Wahrheitsansprüche über Gott und das Universum geht, und konkret um das orthodoxe Christentum. Tara Isabella Burton schrieb 2020 in ihrem Buch Strange Rites: New Religions for a Godless World (dt. „Seltsame Rituale: Neue Religionen für eine gottlose Welt“), wir hätten „eine Religion der emotionalen Intuition, der ästhetisierten und kommerzialisierten Erfahrung, der Selbsterschaffung und Selbstverbesserung und, jawohl, der Selfies“.

Aber du erfindest nicht nur dich selbst, du erfindest auch deinen eigenen Gott (bzw. deine Götter). Man denke an die Schlussseiten des aktuellen Kinderbuches Gott ist wie … von Rachel Held Evans und Matthew Paul Turner, das sich der Frage widmet: Wie ist Gott? „Das ist eine wirklich große Frage, auf die Menschen überall auf der Welt seit Anbeginn der Welt ganz unterschiedliche Antworten gefunden haben. Daher: Suche weiter. Frag weiter. Finde mehr über Gott heraus. Aber immer, wenn du dir nicht sicher bist, wie Gott ist, denk darüber nach, was dir das [sic!] Sicherheit gibt, was dir Mut schenkt und was dir zeigt, dass du geliebt wirst.“ Eine Mutter mit Urteilsvermögen kommentierte dies nach der Lektüre des Buches so: „Unsere Alarmanlage gibt mir Sicherheit, frischgebackene Schokoladenkekse geben mir das Gefühl, geliebt zu werden, und ein paar Gläser Wein machen mich mutig. Trotzdem – ich bin mir nicht sicher, ob das eine gute Beschreibung für Gott ist.“

Wir sind uns – so hoffe ich – darin einig, dass wir unsere Kinder gewissenhaft mit all den autoritativen Wahrheiten des Wortes Gottes großziehen wollen. Ich möchte daher den Blick auf vier Themen lenken, die zunehmend wichtig werden angesichts des kulturellen Narrativs, das unsere Kinder prägt. Besonders den Jugendpastoren empfehle ich, diese Wahrheiten wie Eckpfeiler in den Boden zu rammen, indem ihr sie so oft wie möglich wiederholt.

Erstens müssen wir eine Biblische Theologie der Identität lehren.

Carl Trueman beschreibt unsere Welt als einen Ort, an dem der Mensch dazu aufgerufen ist, „sich selbst zu transzendieren (überschreiten), sein Leben zu einem Kunstwerk zu machen und sich nicht nur zu entdecken, sondern als sein eigener Schöpfer und Sinnstifter an die Stelle Gottes zu treten“. Unsere Kinder müssen die Frage „Wer bin ich?“ in einer Welt beantworten, die das Innerweltliche vergötzt und das Transzendente verachtet, in einer Welt, in der unsere Identität für den öffentlichen Konsum und um der Anerkennung willen erschaffen, ja, kuratiert wird. Natürlich sind auch unsere bestgemeinten Versuche, uns eine Identität zu erschaffen, zum Scheitern verurteilt. Daher bezeichnet man Identitäten heute oft als „fluide“, man denke an die Spektren im Bereich Geschlecht und Sexualität. Wir wählen und wählen und wählen wieder neu, verwandeln und verändern uns, angetrieben von der Sehnsucht nach Zufriedenheit. Os Guinness beschrieb das treffend: „Die Menschen sind immer am Werden, aber niemals werden sie etwas für längere Zeit.“

Wenn wir junge Leute davon abhalten wollen, diese Lügen zu glauben, muss die heutige Jugendarbeit auf die Schöpfungserzählungen hinweisen, und das beharrlich. Dort entdecken wir, dass Gott uns bereits eine Identität geschenkt hat: Wir sind seine Ebenbilder, denen Wert und Würde verliehen ist.

In den Schöpfungserzählungen erkennen wir außerdem Gottes Ordnung und Plan für den Bereich Sexualität und Geschlecht. Wenn Kinder durch Gottes Gnade in Jesus Christus verändert und gerettet werden, dann müssen wir ihnen helfen, all die lebensspendenden Implikationen der Existenz als „neue Schöpfung“ (2Kor 5,17) zu verstehen. Sie müssen begreifen, dass dies im Gegensatz dazu steht, sich anhand der eigenen Gefühle neu zu erfinden. Höre den Kindern und Jugendlichen, die du kennst und liebst, gut zu. Identitätsfindung ist ein bewusstes Unterfangen, und sie suchen nach Orientierung, besonders in Bezug auf Sexualität und Geschlecht. Unsere Teilnehmer müssen lernen, was es heißt, die Identität „Christ“ anzunehmen, mit allem, was dazugehört.

Zweitens müssen wir die Wahrheiten über Gott, über die menschliche Verderbtheit und über Gottes Gnade lehren.

Als Teenager erlebte ich einen der befreiendsten Momente meines persönlichen Lebens, als mir jemand den großen Plan von Gottes Heilsgeschichte erklärte, wie er sich zwischen 1. Mose und der Offenbarung entfaltet. Bis dahin hatte ich die Bibel als eine Art von Gott verfasstes Handbuch betrachtet. Sie war kein einheitliches Ganzes, sondern eher eine Sammlung von Regeln, Vorschriften und Beispielen für moralisches Handeln.

Aber als ich den Ablauf der Heilsgeschichte verstand – Schöpfung, Sündenfall, Erlösung und Wiederherstellung –, da fiel es mir wie Schuppen von den Augen! Das war Gottes Geschichte. Und während ich meinen Platz in Gottes Geschichte fand, begann ich die Majestät Gottes zu erkennen, meine eigene Sündenversklavung und wie verzweifelt ich auf Gottes Gnade angewiesen bin.

Über die Jahre verstand ich das Wesen und das Ausmaß des Sündenfalls und meine eigene Zerrüttung durch die Sünde immer tiefer. Dies führte zu einer immer solideren Theologie der menschlichen Verderbtheit sowie des herrlichen und gnädigen Erlösungswerks Gottes. Unsere Welt ist kaputt. Wir sind kaputt. Unser Normalzustand ist Sünde. Und der, der unseren ersten Eltern ins Ohr flüsterte: „Sollte Gott wirklich gesagt haben …?“, zieht auch bei uns alle Register, um uns auf den Abweg der Selbstanbetung und Selbstbestimmung zu bringen. Helfen wir also unseren Teilnehmern, als nüchterne und wachsame (vgl. 1Petr 5,8–9) Nachfolger Jesu die Stimme des Feindes wahrzunehmen, sodass sie dem Feind fest im Glauben widerstehen können, auf die Stimme des Heiligen Geistes hören und in die gnädigen Arme Gottes laufen.

Höre drittens niemals auf zu vermitteln, dass der Ruf in die Nachfolge der Ruf zu einem ganzheitlichen Leben ist.

Nicht alle Jugendpastoren sind bereit, die schwierigeren Themen unserer Zeit anzupacken. In den vergangenen Jahren hörte ich dafür immer häufiger die Rechtfertigung, man würde sich eben auf ein einziges Ziel im Dienst konzentrieren: „Ich will nur, dass die Kids zu Jesus kommen.“ Das klingt gut und edel, oder? An diesem Ansatz ist richtig, dass Jesus den zerbrochenen und hilflosen Sünder einlädt, so zu kommen, „wie du bist“. Doch letztlich scheitert der Ansatz. Und zwar deswegen, weil er die Wahrheit unterschlägt und sogar übersieht, dass bei Christus nach dem „Komm, wie du bist“ niemals ein „Bleib, wie du bist“ folgt.

Traurigerweise erfolgen viele „Bekehrungen“ innerhalb der Jugendarbeit nicht zu Jesus, sondern zu etwas anderem – vielleicht zu einem momentanen, aber flüchtigen Interesse am Christentum. Wenn Jesus wirklich der Herr unseres ganzen Lebens ist, dann ist ein desintegrierter Glaube nicht akzeptabel. Echte Erneuerung und Umkehr verbindet stets die Rechtfertigung mit der Heiligung. Mit anderen Worten: Wir müssen unseren jungen Leuten beibringen, dass es zur rechten Reaktion auf Gottes Barmherzigkeit gehört, Gott durch ein gegenkulturelles Leben zu verherrlichen, das mit Gottes Willen und Wegen übereinstimmt (vgl. Röm 12,1–2).

Bringen wir ihnen bei, was es heißt, ein Christ zu sein, der seinen Glauben in den Schulalltag, den Sport, die Nutzung sozialer Medien, in Beziehungen, Sexualität, Geschlecht usw. einbezieht? Im christlichen Glauben geht es um das ganze Leben. Wir lassen unsere Jugendlichen kläglich im Stich, wenn wir es versäumen, sie den „schmalen Weg“ (vgl. Mt 7,13–14) des geistlichen Wachstums und der Reife zu lehren, sie dafür auszurüsten und auf ihm zu ermutigen.

Viertens müssen wir sie lehren, angesichts ihrer herrlichen zukünftigen Hoffnung in den jetzigen Schwierigkeiten treu zu sein.

Wann immer ich das Thema „Jugendkultur“ unterrichte, lasse ich meine Studenten einen Dozenten interviewen, der seit mindestens zwanzig Jahren im Dienst ist. Diese erfahrenen Lehrkräfte beklagen dabei stets eine abnehmende Belastbarkeit ihrer Studenten. Greg Lukianoff und Jonathan Haidt bezeichnen in ihrem Buch The Coddling of the American Mind: How Good Intentions and Bad Ideas Are Setting Up a Generation for Failure (dt. „Die Verhätschelung des amerikanischen Geistes: Wie gute Absichten und schlechte Ideen eine Generation zum Scheitern verurteilen“) etwas, das sie „die Zerbrechlichkeitslüge“ nennen, als eine der gefährlichsten Lügen unserer Zeit. Sie lautet so: „Was dich nicht umbringt, macht dich schwächer.“

Studenten gehen dem Schmerz aus dem Weg, indem sie Schwierigkeiten aus dem Weg gehen. Dies tun sie, weil sie befürchten, dass jegliche Schwierigkeit sie zunichtemachen könnte. Aber nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Lies die Bibel von vorne bis hinten, lies die Kirchengeschichte, sprich mit Heiligen, die Schwierigkeiten erdulden mussten, und du wirst schnell sehen: Gott tut dort sein gutes Werk in unserem Leben, wo wir selbst am Ende sind und die „friedsame Frucht der Gerechtigkeit“ (vgl. Hebr 12,7–11) entsteht. Wie könnte der Psalmist sonst sagen: „Es ist gut für mich, dass ich gedemütigt wurde, damit ich deine Anweisungen lerne“ (Ps 119,71)?

Unsere Teilnehmer müssen begreifen: Wenn wir uns in den Schwierigkeiten des Lebens auf den Herrn stützen, um diese zu überstehen, dann bringen sie uns nicht um und machen uns auch nicht schwächer. Sie machen uns stärker. Um unsere Teilnehmer nachhaltig für ein Leben zu Gottes Ehre im Jetzt auszurüsten, müssen wir ihnen eine umfassende Theologie des Leidens vermitteln. Wenn unsere Teenager die Lüge glauben, Jesus gebe uns ein Leben, das frei von Schmerzen und stets von Annehmlichkeiten und Freude erfüllt ist, dann werden sie schnell enttäuscht und desillusioniert sein. Wie die ernüchternden Statistiken und persönlichen Geschichten zeigen, werden sie mit großer Wahrscheinlichkeit weggehen – und dabei den Kopf schütteln angesichts all der unerfüllten Verheißungen.

Die Verheißung, auf die sie wirklich vertrauen sollen, lautet, dass Gott in unserem irdischen Schmerz und Leid bei uns ist, dass er unsere Umstände zu unserem Besten und seiner Ehre gebraucht. Teil seines Lehrplans für unser Leben sind auch harte Zeiten, die uns seinem Bild ähnlicher machen. Jakobus fordert uns auf, es für „lauter Freude“ zu erachten, wenn Anfechtungen unseren Glauben auf die Probe stellen und standhaftes Ausharren bewirken (vgl. Jak 1,2–4). Paulus erklärt, dass Leiden unser Seufzen nach Erlösung verstärken. Er schreibt, dass die gegenwärtigen Leiden um Christi willen (vgl. Phil 1,29) nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die geoffenbart werden wird (vgl. Röm 8; 2Kor 4,17–18).

Unsere Kinder müssen diese Wahrheiten hören statt der ständigen Unwahrheiten aus der Kultur. Sie wachsen in einer Welt auf, die sie anspornt, im Hier und Jetzt zu leben, ohne sich um Vergangenheit oder Zukunft zu kümmern. Sie müssen das ganze Evangelium hören und all die schwierigen Gegebenheiten dieser vergehenden Welt verstehen, auch wenn sie ihr Herz und ihren Verstand auf die ewige Hoffnung der zukünftigen Welt ausrichten.

Wie? Die Praxis in der Jugendarbeit

In seinen Anweisungen an die Ältesten aus Ephesus forderte Paulus diese auf: „So habt nun acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in welcher der Heilige Geist euch zu Aufsehern gesetzt hat, um die Gemeinde Gottes zu hüten, die er durch sein eigenes Blut erworben hat!“ (Apg 20,28). Zweifellos beinhaltet solches Achthaben auch die treue Unterweisung in Gottes Wort, gepaart mit dem Bewusstsein, dass es immer solche geben wird, die verkehrte Dinge reden (vgl. Apg 20,29–30).

Aber wir müssen auch auf unsere Methoden achthaben. Fördern sie das Wachstum der einzelnen Teilnehmer? Oder verwirren unsere Methoden sie? Könnte es sein, dass der Weg zur Hölle mit den wohlmeinenden Absichten der christlichen Jugendarbeit gepflastert ist?

Ich möchte dich ermutigen, deine Arbeitsweise in der Jugendarbeit zu hinterfragen und, wo nötig, den Kurs zu korrigieren. Denk an das Ziel: Die Ausbreitung des Evangeliums und das Wachstum deiner Teilnehmer zu belastbaren Nachfolgern sollen gefördert werden.

Hier also drei Fragenkomplexe zum Nachdenken:

  1. Schafft ihr in eurer Gemeinde eine generationenübergreifende Umgebung, in der deine Teilnehmer mit der ganzen Breite und Tiefe des Leibes Christi in Kontakt kommen? Oder trennt ihr die Generationen? Nehmt ihr den Alten und Jungen die Gelegenheit, einander in erster Linie als sich gegenseitig auferbauende Brüder und Schwestern in Christus wahrzunehmen? Natürlich brauchen Jugendliche genügend Zeit, um unter der Leitung der Jugendmitarbeiter mit Gleichaltrigen zusammen zu sein. Aber wenn die Generationen durchgängig getrennt bleiben, dann ist das für eine effektive Jugendarbeit kontraproduktiv.
  2. Erzeugt euer Jugendraum eine Atmosphäre, die auf passiven Starkult und Performance ausgerichtet ist? Oder ist er so gestaltet, dass aktive Beteiligung und Gemeinschaft gefördert werden? Ich war über die Jahre in Hunderten von Jugendräumen und habe festgestellt, dass viele Gemeinden ihre Jugendräume wie Konzertsäle einrichten. Da gab es Räume, in denen nicht mehr als 20 Stühle vor einer Bühne standen. Auf dieser Bühne befanden sich eine Worship-Band und ein Jugendleiter, die Musik machten und predigten – und alle anderen sahen einfach nur zu. Ich bin mir nicht sicher, ob ein solcher Ort die Art von Interaktion begünstigt, die den Individualismus überwindet und aktive Gemeinschaft fördert.
  3. Bist du dir klar über die Rolle der Eltern als derjenigen, die in erster Linie für die geistliche Erziehung ihrer Kinder verantwortlich sind? Oder hast du diese Rolle bewusst oder unbewusst an dich gerissen, indem du gedanklich und/oder praktisch davon ausgehst, du könntest das viel besser als sie? Es ist von der Schrift her deutlich, dass die Eltern den Vorrang haben (vgl. 5Mose 6; Eph 6). Das bedeutet: Die Jugendarbeit ist da, um zu unterstützen und zu helfen. Bedenke, was Christian Smith schreibt: „Die empirischen Belege sind klar. In fast allen Fällen kommt keine andere Institution und kein anderes Programm an die religiöse Prägung von Jugendlichen heran, die von den Eltern geleistet wird – weder religiöse Gemeinschaften, Jugendgruppen, konfessionelle Schulen, missionarische oder diakonische Einsätze, Sommerlager, Kindergottesdienste, Jugendmitarbeiter noch irgendetwas anderes. Deren Einfluss kann den Einfluss der Eltern verstärken, aber er wird ihn praktisch niemals übertrumpfen oder aufheben.“ Tu also alles, was in deiner Macht steht, um Eltern zu unterstützen, zu ermutigen, zu schulen und auszurüsten.

Mich verfolgt immer noch ein Gespräch, das ich vor einigen Jahren mit einem einflussreichen Jugendpastor führte. Ich hatte ihn gefragt, wie er als Leiter, der in der Unterweisung von Kindern tätig ist, zu seinen Antworten auf die großen Fragen des Lebens kommt. Er sagte: „Ich folge einfach meinem Herzen.“ Mir stiegen die Tränen in die Augen. Ich antwortete: „Wenn ich mich entschieden hätte, mein Leben auf diese Weise zu führen, dann würden wir jetzt nicht miteinander sprechen. Wahrscheinlich säße ich im Gefängnis.“ Warum in aller Welt sollten wir es zulassen, dass unser Lehren und Leiten von unseren Gefühlen gesteuert wird?

Der Prophet Jeremia verkündet eine Wahrheit, die wir wieder und wieder in den biblischen Begebenheiten bestätigt sehen und ebenso in den Nachrichten, an unseren Freunden und – vor allem – beim Blick in den Spiegel. Jeremia schreibt: „Verflucht ist der Mann, der auf Menschen vertraut und Fleisch zu seinem Arm macht … Gesegnet ist der Mann, der auf den HERRN vertraut und dessen Zuversicht der HERR geworden ist! … Überaus trügerisch ist das Herz und bösartig; wer kann es ergründen?“ (Jer 17).

Jugendarbeit muss sich dem Zeitgeist widersetzen und junge Leute befähigen, die Souveränität des trügerischen und bösartigen Ichs zurückzuweisen. Wir sollten uns darauf konzentrieren, unsere Kinder zu einem Leben anzuleiten, in dem sie wahre Freiheit und echte Entfaltung im Gehorsam gegen den einen wahren und souveränen Gott erfahren.


Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit Evangelium21 übersetzt. Mehr evangeliumszentrierte Ressourcen gibt es auf evangelium21.net.