Mitgliedschaft & Gemeindezucht

Sollten Missionare Mitglieder ihrer sendenden Gemeinde bleiben?

Artikel
08.26.2025

Stell dir folgendes Szenario vor: Ein junges Paar durchläuft die Ehevorbereitung mit ihrem Pastor. Dabei betont er, wie wichtig es ist, Vater und Mutter zu verlassen, dem Ehepartner anzuhangen und „ein Fleisch“ zu werden (vgl. 1. Mose 2:24). Doch nach der Hochzeit und den Flitterwochen beginnt der Druck von beiden Familienseiten. Die eine Familie möchte jedes Fest mit dem Paar verbringen. Die andere gibt Ratschläge zur Haushaltsführung und Entscheidungsfindung. Das Paar steht zwischen den Erwartungen und möchte niemanden enttäuschen. Zwar haben sie nun geheiratet und wohnen zusammen, doch es fällt ihnen schwer, wirklich als Einheit zu leben.

So gut die Absichten auch sind – Ähnliches geschieht auch zwischen Gemeinden und Missionaren. Gemeinden senden aus Liebe Missionare in alle Welt, behalten sie aber gleichzeitig als Mitglieder auf ihrer Gemeindeliste. Diese Praxis, so gut gemeint sie ist, kann jedoch die Integration der Missionare in eine Ortsgemeinde am Einsatzort erschweren. Der Missionar empfindet oft eine stärkere Verpflichtung gegenüber seiner „Heimatgemeinde“ als gegenüber der neuen Gemeinde vor Ort. Obwohl eine Aussendung stattgefunden hat und der Wohnort sich geändert hat, gelingt es nicht, ganz in den neuen Gemeindekontext hineinzuwachsen.

Daraus entstand unsere Geschichte – wie und warum wir sieben unserer 65 Mitglieder nicht mehr als reguläre Gemeindemitglieder führen, sondern als ausgesandte Missionare.

Unsere Gemeinde wurde vor vierzehn Jahren gegründet. Wir sind klein, besitzen kein eigenes Gebäude und treffen uns jeden Sonntag im örtlichen YMCA zur Anbetung: im Gebet, im Hören auf Gottes Wort, im gemeinsamen Singen und in den Ordnungen, durch die wir das Evangelium „sehen“. In unseren Zusammenkünften beten wir regelmäßig für die Nationen, und wir geben 20 Prozent unserer Einnahmen für die weltweite Mission. Durch Gottes Gnade konnten wir acht unserer Mitglieder in andere Länder senden – ein besonderes Geschenk für eine kleine Gemeinde!

Für jeden dieser Missionare haben wir uns bemüht, sie im Gebet und in der Vorbereitung gut auf ihren Dienst vorzubereiten. Wir haben ihnen zudem ans Herz gelegt, sich frühzeitig einer gesunden Gemeinde am neuen Ort anzuschließen. Mit Gottes Hilfe ist genau das geschehen.

Unklar, kompliziert, verwirrend

Warum haben wir dann ihre Mitgliedschaft behalten? Nun, es erschien uns damals als ein liebevoller und unterstützender Schritt. Wir wollten nicht, dass sie sich nicht mehr als Teil unserer Gemeinde fühlen. Doch stellen wir uns die Frage: Würden wir das Gleiche bei jemandem tun, der aus beruflichen Gründen ins Ausland zieht? Wahrscheinlich nicht.

Diese Ungleichbehandlung hat ungewollt unsere Gemeindeverpflichtung verwässert, die Mitgliedschaft in der neuen Gemeinde unserer Missionare erschwert und das biblische Verständnis von Gemeindemitgliedschaft für Außenstehende unklar gemacht.

Ein Beispiel: Unser Gemeindebund verpflichtet jedes Mitglied dazu, regelmäßig an den Versammlungen teilzunehmen, sich den Ältesten unterzuordnen, sich in Kleingruppen einzubringen, der Gemeinde zu dienen und am Abendmahl teilzunehmen – all das setzt Präsenz voraus. Ein Missionar am anderen Ende der Welt kann diese Dinge verständlicherweise nicht erfüllen. Gleichzeitig ist da ja auch noch die neue Ortsgemeinde mit ihren Hirten – wie sollen Missionare sich dieser Gemeinde voll und ganz anschließen, wenn sie offiziell noch Mitglieder bei uns sind?

Unsere Entscheidung, die Mitgliedschaft zu behalten, hat die Möglichkeiten der neuen Gemeinden, für die Missionare zu sorgen und sie zu integrieren, spürbar eingeschränkt.

Ich habe eine große Gruppe nationaler und internationaler Pastoren befragt, wie sie das Thema Mitgliedschaft von Missionaren sehen. Sollten Missionare weiterhin Mitglieder der sendenden Gemeinde bleiben? Wäre eine doppelte Mitgliedschaft denkbar? Oder sollten sie ausschließlich Mitglieder der neuen Ortsgemeinde sein? Interessanterweise sprachen sich viele dafür aus, dass Missionare sich vor Ort einer Gemeinde anschließen – und damit ihre Mitgliedschaft in der sendenden Gemeinde aufgeben.

Diese Gespräche – und insbesondere ein Artikel von Caleb Greggsens – haben mir sehr geholfen und mich geistlich bereichert.

Ich brachte all diese Überlegungen in unsere Ältestenschaft ein, und wir beteten gemeinsam darüber. Schließlich kamen wir zu der Überzeugung, dass es das Beste für unsere Missionare, für uns als Gemeinde und für das Zeugnis nach außen wäre, ihre Mitgliedschaft aufzugeben. Wir würden sie weiterhin als von uns ausgesandte Missionare anerkennen. Sie würden uns gegenüber weiterhin Rechenschaft als Mitarbeitende ablegen – jedoch nicht mehr als Mitglieder unserer Gemeinde.

Wir nahmen Kontakt mit allen unseren Missionaren auf. Und weil uns Gemeindemitgliedschaft immer wichtig war und wir ihnen bei der Suche nach gesunden Ortsgemeinden geholfen hatten, war es für sie keine Überraschung, dass wir sie aus der Mitgliedschaft entließen. Vielmehr empfanden sie es als ehrenvoll, dass wir sie nun ausdrücklich als Missionare bezeichneten.

Auch unsere Gemeindemitglieder informierten wir über das Gespräch zwischen Ältesten, Missionaren und beratenden Pastoren. Wieder gab es keinerlei Einwände oder Fragen. Wir schlugen vor, die Missionare aus der Mitgliedschaft zu entlassen und sie stattdessen offiziell als Missionare unserer Gemeinde auszuweisen. Die Gemeinde bestätigte diesen Vorschlag einstimmig.

Dieser Schritt war ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer gesünderen, gemeindezentrierten Unterstützung unserer Missionare. Schon vorher hatten wir regelmäßig nachgefragt, für sie gebetet und Berichte weitergegeben. Doch der Wechsel vom Gemeindemitglied zum ausgesandten Missionar veränderte unsere Art der Unterstützung grundlegend. Auch wenn wir sie nun dem Herrn und ihrer Ortsgemeinde anvertrauten, suchten wir bewusst nach Möglichkeiten, ihnen weiterhin aus der Ferne zur Seite zu stehen. Jede unserer Kleingruppen übernahm einen Missionar und blieb mit ihm in Kontakt, betete regelmäßig für ihn und sandte sogar Weihnachtspakete ins Ausland – einfach, damit unsere Missionare wissen: Sie sind geliebt. Statt im Mitgliederverzeichnis aufgeführt zu sein, widmeten wir jeder und jedem von ihnen eine eigene Seite.

Natürlich gibt es auch besondere Situationen, die geistliches Urteilsvermögen, Gnade und Flexibilität erfordern. Was ist mit einem Missionar, der in einem Kontext ohne Ortsgemeinde dient? Was geschieht während des Heimataufenthalts? Wer hilft, wenn ein Missionar von einem Einsatzort zum nächsten zieht? Das sind gute und berechtigte Fragen – aber sie nehmen nichts von der Klarheit und dem Wert, den eine lokale Gemeindemitgliedschaft für alle Beteiligten mit sich bringt.

An der Mitgliedschaft unserer Missionare festzuhalten, hatte das Wasser trüb gemacht. Wir waren geworden wie liebevolle Eltern, die es kaum ertragen, ihr Kind wirklich ziehen zu lassen. Doch in dem Moment, wo wir losließen, erlebten wir Segen – für unsere Gemeinde, für unsere Missionare und für deren neue Gemeinden.