Gemeinsames Leben

Die „Großen Vier” gemeinsam beten

Von John Onwuchekwa

John Onwuchekwa ist leitender Pastor der Cornerstone Church in Atlanta, Georgia. Der Artikel erschien zuerst bei 9Marks. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung.
Artikel
03.03.2021

Die meisten von uns haben schon mal Gottesdienste erlebt, in denen gebetet wird, aber das Gebet weder zielgerichtet noch kraftvoll war. Leider hören sich die Gebete in unseren Gemeinden oft an wie das Gebet vor einer Mahlzeit – es ist obligatorisch und jeder respektiert die Entscheidung, es zu tun, doch niemand versteht wirklich viel davon. Es wird reduziert auf die beste Möglichkeit, einen Übergang von einem Gottesdienstelement zum nächsten zu schaffen. Jeder soll seine Augen schließen und seinen Kopf senken, damit der Übergang reibungslos abläuft, wenn das Anbetungsteam auf die Bühne kommt oder diese wieder verlässt. Das Gebet dient als Einleitung für den Hauptdarsteller – die Sonntagspredigt. Doch E.M. Bounds, ein Pastor aus dem neunzehnten Jahrhundert, erinnert uns an Folgendes:

„Für Gott zu Menschen zu sprechen ist eine große Aufgabe, doch zu Gott für Menschen zu sprechen ist immer noch größer.“

Weil wir das im Hinterkopf haben, ist das Gebet eine große Sache für uns als Cornerstone Gemeinde, in der ich Pastor bin. Wir wollen nicht, dass unsere Mitglieder und Besucher nur durch Lieder und die Predigt von der Bühne aus von Gott hören. Wenn das der Fall wäre, passierte es schnell, dass die Leute sich wie Zuschauer fühlten und das ist nicht das Ziel von gemeinsamer Anbetung. Das Ziel ist, dass Gottesdienste persönlich sind und Leute daran aktiv teilnehmen können. Wir wollen, dass die Gottesdienstteilnehmer die Möglichkeit haben, mit Gott persönlich in Beziehung zu treten, und wir halten das Gebet für einen wesentlichen Bestandteil, um dieses Ziel zu erreichen.

Jeder sieht ein, dass wir als Gemeinde beten sollten. Doch wie wir beten macht den entscheidenden Unterschied. Das ist der Grund, warum wir gemeinsame Gebete sprechen, damit unsere Gemeinde gelehrt wird, wie wir Gott begegnen können.

Durch diese Angewohnheit erhoffen wir uns, dass drei Dinge geschehen: Erstens, wollen wir Missverständnisse ausräumen. Zweitens, wollen wir für Dinge beten, die viele von uns vernachlässigen, wie das Gebet für die Regierung. Und drittens, wollen wir zeigen, dass substantielles Gebet nicht substanziell viel Zeit braucht. In nur fünf Minuten kann bereits viel erreicht werden. 

Kurz zusammengefasst, haben wir gelernt nicht vorauszusetzen, dass Menschen wissen, wie sie beten können, weswegen wir ganz speziell die „Großen Vier” miteinschließen, wenn wir zusammenkommen.

1. Anbetung

Anbetung bildet die Grundlage für unsere Zeit mit Gott. Wir wollen in unseren Herzen und Köpfen erfassen, dass es eine absolute Ehre ist, mit Gott zu reden. Die meisten von uns kennen Gebete, in denen wir Gott flapsig begegnen, nur zu gut. Von außen betrachtet wollen wir so etwas natürlich verhindern.

Stattdessen sollten wir an Gottes majestätischen Charakter erinnert werden – wer er ist und was er in Christus für Menschen getan hat, die es nicht verdient haben. Wegen Jesu großem Opfer dürfen wir uns Gott mutig nahen. Doch das Anbetungsgebet erinnert uns auch daran, dass wir demütig vor ihn treten müssen.

2. Sündenbekenntnis

Wenn wir die Anbetung richtig verstanden haben, dann wird das Sündenbekenntnis zu einem Reflex unserer Seele, einem logischen nächsten Schritt. Wenn wir über Gottes Heiligkeit nachdenken, wird unsere Sündhaftigkeit offensichtlich und das führt uns zum Sündenbekenntnis. 

Es vermittelt Hoffnung, wenn wir ein anderes Gemeindemitglied hören, das seine Sünden bekennt und wir denken: „Ich auch“. Oft verharmlosen wir Sünde in unserem Leben, aber wenn wir hören, wie andere ihre Sünden bekennen, werden wir ermutigt, unsere Herzen zu überprüfen und Sünden aufzudecken, die wir übersehen haben. Das führt nicht zur Verzweiflung, sondern zur Abhängigkeit und Freude, da wir in diesen Momenten in besonderer Weise an Gottes Treue und Güte erinnert werden (1Joh 1,9).

Wenn wir das Sündenbekenntnis richtig praktizieren, ruft es Anbetung hervor. Es fordert uns heraus, die Finsternis in unserem Leben zu durchforschen, doch zu oft verzichten wir darauf und verpassen deswegen die Freude, die Gott anbietet. Ganz sicher sollte jedes Sündenbekenntnis ernst und reuevoll gebetet werden, doch es sollte immer in Jubel enden, wie bei David in Psalm 32:

Wohl dem, dem die Übertretungen vergeben sind, 

dem die Sünde bedeckt ist! 

Wohl dem Menschen, dem der HERR die Schuld nicht zurechnet, 

in dessen Geist kein Falsch ist! 

3. Danksagung

Wir alle erkennen Gottes Allmacht an. Doch wenn wir nicht vorsichtig sind, kann diese Erkenntnis unser Verlangen untergraben, Gott von ganzem Herzen zu danken.

Vieles in dieser Welt ist zerbrochen; Dinge, von denen wir erwarten, dass Gott sie in Ordnung bringt. Doch als Christen wissen wir, dass Dankbarkeit das beste Gegenmittel gegen Murren ist. Es ist wichtig, dass wir uns in unseren Sonntagsgottesdiensten Zeit nehmen, Gott zu danken dafür, wer er ist und was er tut. Denn nach all dem kann ein zerbrochener und geschlagener Geist ein großes Hindernis sein, um Gottes gnädiges Wort an uns zu hören (2Mo 6,9). Wir wollen also in unseren Dankgebeten einander daran erinnern, dankbar zu sein – und manchmal brauchen wir jemand anderen, der uns diese Richtung weist. Kurzgefasst: Wir wollen uns der Leiden dieser Welt bewusst sein, doch auch nicht blind für Gottes Güte sein – sodass wir, wie Paulus sagt, angemessen traurig, aber allezeit fröhlich sind (2Kor 6,10).

4. Fürbitte

Während Gemeindemitglieder uns im Gebet der Anbetung, des Sündenbekenntnisses und der Danksagungen leiten, haben wir beschlossen, dass die Pastoren in unserer Gemeinde unser Fürbittengebet leiten. Wir wollen den Horizont ausweiten von dem, was unsere Gemeinde und Gemeinschaft glaubt, das sie von Gott bitten dürfen.

Menschen sind normalerweise ziemlich eingeengt in der Art und Weise, wie sie Gott begegnen. Wenn sie an Gebet denken, meinen sie, dass es darum geht, Gott um ein paar Dinge zu bitten. Wir hoffen das in einer Art und Weise zu tun, die ein Beispiel dafür gibt, wie wir Fürbitten beten können.

In derselben Weise habe ich beobachtet, dass Menschen die Tendenz haben, sehr eingeengt zu sein mit den Dingen, die sie von Gott bitten. Wir wollen klar kommunizieren, dass es in Ordnung ist, Gott um die Heilung einer kranken Person zu bitten. Es ist in Ordnung, dasselbe Gebet erneut zu sprechen und es ist in Ordnung, bei Gott um Dinge zu bitten ohne den Nachsatz „wenn es dein Wille ist“. Natürlich, wenn wir Jesu Vater-Unser folgen, wünschen wir uns mehr als alles andere, dass Gottes Wille getan wird.

Doch traurigerweise zweifeln viele von uns Gottes Fähigkeit und Wunsch an, große Dinge in unserem Leben zu vollbringen. Als Gemeinde wollen wir Jesu Größe zeigen, indem wir für große Dinge in seinem Namen bitten! Das Schöne daran ist, dass Gott manchmal mit einem „NEIN“ antwortet – sodass wir als Familie gemeinsam wachsen und auf diesem Weg Gott vertrauen. Andererseits geht Gott über das hinaus, was wir erbitten oder uns vorstellen konnten; er antwortet mit „JA“ – und so wird unser Glaube gestärkt. Als Gemeinde wollen wir gemeinsam anbeten und nicht die Anbetung zu einer Privatsache machen. Wir wollen, dass Frauen und Männer die Anbetung leiten entsprechend der Vorgaben in der Bibel und wir wollen, dass viele aus Gottes Volk auf unterschiedliche Art und Weise mit Gott reden.

All das ist möglich wegen des gemeinsamen Gebets als ein Schlüsselaspekt unserer Sonntagsgottesdienste. Unsere Gemeinschaft und sogar die Besucher können das selber erleben, während sie erinnert werden, dass inhaltsvolles Gebet in unterschiedlichen Formen in einer kurzen Zeitspanne geschehen kann. Da wir Elemente von Anbetung, Sündenbekenntnis, Danksagung und Fürbitte in unseren Gottesdiensten haben, bietet es die Möglichkeit, etwas von dem seelischen Atem zu zeigen, der Teil der Beziehung zu Gott sein sollte.

Schluss

Wenn man mit einem Kellner im Restaurant spricht, handelt es sich hauptsächlich um Bitten. Wenn man in der Gegenwart jemandes ist, den man bewundert, überschüttet man die Person mit Komplimenten. Beide Reaktionen drücken eine zu flache Beziehung aus. Doch Gott will eine tiefe Beziehung mit seinem Volk – und je tiefer diese Beziehung ist, desto mehr variiert die Kommunikation.


Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit Evangelium21 übersetzt. Mehr evangeliumszentrierte Ressourcen gibt es auf evangelium21.net.

weitere verlinkt als articles