Leitung durch Älteste

Das Amt eines Diakons

Von Benjamin Merkle

Benjamin Merkle ist Professor für Neues Testament und Griechisch am Southeastern Seminary in Wake Forest, North Carolina (USA).
Artikel
03.03.2021

Wer darf Diakon sein? Was sollte ein Diakon gemäß der Bibel tun?

Die zwei biblischen Ämter: Älteste und Diakone

Diese Fragen lassen sich leicht beantworten, wenn wir das Amt des Diakons mit dem Amt des Ältesten vergleichen. Die Ältesten sind die übergeordneten geistlichen Leiter einer Gemeinde. Sie werden im Neuen Testament auch als Aufseher oder Pastoren bezeichnet. Die Ältesten lehren oder predigen das Wort und wachen als Hirten über die Seelen der Christen, die Gott ihnen anvertraut hat (Eph 4,111Tim 3,25,17Tit 1,9Hebr 13,17). Auch die Diakone haben eine wichtige Rolle im Leben der Gemeinde und tragen zu deren Gesundheit bei. Ihre Rolle unterscheidet sich allerdings von der Rolle der Ältesten. Die biblische Rolle der Diakone ist, sich um die leiblichen und logistischen Bedürfnisse der Gemeinde zu kümmern, damit sich die Ältesten auf ihre vorrangige Aufgabe konzentrieren können.

Grundlage für diese Unterscheidung ist das Vorbild, das wir in Apostelgeschichte 6,1–6 sehen. Die Apostel blieben „beständig im Gebet und im Dienst des Wortes“ (Apg 6,4). Damit die Apostel ihre vorrangige Aufgabe treu ausüben konnten, wurden sieben Männer ausgewählt, die für die eher praktischen Angelegenheiten zuständig sein sollten. Auf diese Weise wurden die Apostel für ihre eigentliche Arbeit freigesetzt.

Diese Arbeitsteilung ähnelt der Arbeitsteilung zwischen Ältesten und Diakonen. Wie bei den Aposteln ist es die vorrangige Aufgabe der Ältesten, Gottes Wort zu predigen. Wie die sieben Männer, dienen die Diakone der Gemeinde in allen praktischen Fragen, die auftreten.

Die Anforderungen an Diakone

Die einzige Bibelstelle, die uns über die Anforderungen an die Diakone informiert, ist 1. Timotheus 3,8–13. Dort führt Paulus eine offizielle, jedoch nicht abschließende Liste von Anforderungen an Diakone auf.

Es ist bezeichnend, wie sehr sich die Anforderungen an Diakone und Älteste/Aufseher in 1. Timotheus 3 ähneln. Wie schon bei den Anforderungen an einen Ältesten, gilt auch für einen Diakon: Er darf kein Suchtproblem haben (V. 3), darf nicht nach unehrlichem Gewinn streben (V. 3), muss untadlig sein (V. 2; Tit 1,6), soll Ehemann einer einzigen Frau sein (V. 2) und seinen Kindern und seiner Familie gut vorstehen (V. 4-5). Außerdem liegt der Schwerpunkt bei den Anforderungen auf dem moralischen Charakter der Person, die das Amt ausfüllen soll: Ein Diakon muss reif und untadelig sein. Der hauptsächliche Unterschied zwischen einem Ältesten und einem Diakon liegt in den Begabungen und Aufgaben, nicht im Charakter.

Paulus nennt in 1. Timotheus 3,8–12 neun Anforderungen für Diakone:

  1. Ehrbar (V. 8): Dieser Begriff steht normalerweise für eine Person oder Sache, die aufrichtig oder achtbar ist, Anerkennung oder Wertschätzung verdient. Er ist eng verwandt mit dem Wort „anständig“, das als Anforderung für Älteste aufgeführt wird (1Tim 3,2).
  2. Nicht doppelzüngig (V. 8): Wer doppelzüngig ist, äußert sich mehreren Personen gegenüber unterschiedlich oder sagt eine Sache, aber meint etwas ganz anderes. Ein doppelzüngiger Mensch ist hinterlistig und unehrlich. Man kann sich nicht darauf verlassen, was er sagt. Seine Worte sind unglaubwürdig.
  3. Nicht vielem Weingenuss ergeben (V. 8): Ein Mann scheidet für das Amt eines Diakons aus, wenn er ein Alkoholproblem hat. Ein Süchtiger hat keine Selbstbeherrschung und ist undiszipliniert.
  4. Nicht nach schändlichem Gewinn strebend (V. 8): Wenn ein Mensch das Geld liebt, dann ist er nicht geeignet, Diakon zu werden, insbesondere weil Diakone häufig die Finanzen der Gemeinde verwalten.
  5. Gesunder Glaube und gottesfürchtiges Leben (V. 9) Paulus weist auch darauf hin, dass ein Diakon „das Geheimnis des Glaubens in einem reinen Gewissen bewahren“ muss. „Das Geheimnis des Glaubens“ ist bei Paulus einfach ein anderer Ausdruck für „das Evangelium“ (siehe 1Tim 3,16). Folglich drückt diese Anforderung aus, dass die Diakone ohne Wanken am wahren Evangelium festhalten müssen. Doch diese Anforderung betrifft nicht nur den Glauben einer Person, sondern Paulus sagt auch, dass ein Diakon diese Glaubensinhalte „in einem reinen Gewissen bewahren“ muss. Das heißt, das Verhalten eines Diakons muss sich mit seinem Glauben decken.
  6. Untadelig (V. 10): Paulus schreibt, dass die Diakone „zuerst erprobt werden [sollen]; dann sollen sie dienen, wenn sie untadelig sind“ (V. 10). Untadelig ist ein allgemeiner Begriff, der sich auf den ganzen Charakter einer Person bezieht. Obwohl Paulus nicht näher erläutert, wie diese Erprobung aussehen soll, müssen mindestens der persönliche Hintergrund, der Ruf und die theologischen Positionen eines Kandidaten geprüft werden. Zudem sollte die Gemeinde nicht nur die moralische, geistliche und lehrmäßige Reife eines möglichen Diakons prüfen, sondern auch den bisherigen Dienst in der Gemeinde in Punkto Zuverlässigkeit usw. berücksichtigen.
  7. Gottesfürchtige Frau (V. 11): Es wird diskutiert, ob sich Vers 11 an die Frau eines Diakons oder an eine Diakonin richtet. Wir werden in diesem Zusammenhang davon ausgehen, dass der Vers von den Anforderungen an die Frau eines Diakons handelt. Paulus sagt, dass die Frauen von Diakonen „ebenfalls ehrbar sein [sollen], nicht verleumderisch, sondern nüchtern, treu in allem“ (V. 11). Wie ihr Mann, soll auch die Frau ehrbar bzw. achtbar sein. Zweitens soll sie nicht verleumderisch sein und keinen Hang zum Tratschen haben. Die Frau eines Diakons muss auch nüchtern und maßvoll sein. Das heißt, sie muss ein gutes Urteilsvermögen haben und sich nicht mit Dingen abgeben, die dafür hinderlich sind. Zuletzt muss sie „treu in allem sein“ (vgl. 1Tim 5,10). Das ist eine allgemeine Anforderung, die in etwa dem „untadelig“ bei den Ältesten (1Tim 3,2Tit 1,6) bzw. den Diakonen (1Tim 3,10) entspricht.
  8. Mann einer Frau (V. 12): Die beste Auslegung für diesen schwierigen Ausdruck ist im Sinne der Treue eines Ehemanns zu seiner Ehefrau. Für ihn gibt es nur eine Frau. Das heißt: Es darf in seinem Leben keine andere Frau geben, mit der er körperlich oder emotional intime Nähe pflegt.
  9. Ihren Kindern und ihrem Haus gut vorstehen (V. 12): Ein Diakon muss das geistliche Haupt seiner Frau und Kinder sein.

Allgemein gilt: Wenn eine moralische Anforderung bei den Ältesten, aber nicht bei den Diakonen angeführt wird, dann gilt diese trotzdem für die Diakone. Das gilt auch umgekehrt. Beispielsweise soll ein Diakon nicht doppelzüngig sein (V. 8). Paulus sagt das nicht ausdrücklich über die Ältesten, aber es gilt zweifelsohne auch für sie, weil er sagt, dass die Ältesten „untadelig“ sein müssen, worunter auch dieses Verbot fällt.

Dennoch sollten wir die Unterschiede berücksichtigen, weil sie entweder darauf hinweisen, dass ein bestimmtes Merkmal besonders wichtig für die Ausübung dieses Amts ist oder dass es in diesem Punkt ein konkretes Problem in der jeweiligen Gemeinde gab, an die Paulus den Brief verfasst (in diesem Fall Ephesus). Das wird deutlicher, wenn wir uns nun den Aufgabenbereichen eines Diakons zuwenden.

Die Aufgabenbereiche der Diakone

Während das Amt des Ältesten in den Gemeinden heute oft ignoriert wird, wird das Amt des Diakons häufig missverstanden. Auf Grundlage des Neuen Testaments ist die Rolle des Diakons hauptsächlich als Diener der Gemeinde zu verstehen. Die Gemeinde ist auf die logistische und materielle Unterstützung der Diakone angewiesen, damit sich die Ältesten auf das Wort Gottes und das Gebet konzentrieren können.

Das Neue Testament gibt uns nicht viele Informationen bezüglich der Rolle der Diakone. Die Anforderung in 1. Timotheus 3,8–12 legen das Hauptaugenmerk auf den Charakter und das Familienleben eines Diakons. Wir erhalten dennoch einige Hinweise auf die Aufgabe der Diakone, wenn man die Anforderungen mit denen an die Ältesten vergleicht. Obwohl viele Punkte gleich oder zumindest sehr ähnlich sind, gibt es auch einige deutliche Unterschiede.

Der auffälligste Unterschied zwischen Ältesten und Diakonen ist, dass Diakone nicht „fähig zu lehren“ (1Tim 3,2) sein müssen. Diakone sollen den Glauben in reinem Gewissen „bewahren“, aber ihnen wird nicht aufgetragen, diesen Glauben zu „lehren“ (1Tim 3,9). Das legt nahe, dass die Diakone keine offizielle Lehraufgabe in der Gemeinde haben.

Wie die Ältesten müssen auch die Diakone ihrem Haus und ihren Kindern gut vorstehen (1Tim 3,4.12). Doch bei den Diakonen lässt Paulus den Abschnitt aus, wo er die Führung der eigenen Familie mit der Fürsorge für Gottes Gemeinde vergleicht (1Tim 3,5). Grund für diese Auslassung ist höchstwahrscheinlich, dass die Diakone nicht Teil der Gemeindeleitung sind – diese Aufgabe ist den Ältesten vorbehalten.

Paulus weist zwar darauf hin, dass ein Mann geprüft werden soll, bevor man ihn zum Diakon macht (1Tim 3,10), doch er sagt nicht, dass das Amt nicht von einem frisch bekehrten Christen ausgeübt werden darf. Paulus warnt allerdings, dass ein Neubekehrter, den man zum Ältesten macht, „aufgeblasen wird“ (1Tim 3,6). Eine Schlussfolgerung, die wir aus diesem Unterschied ziehen können, ist, dass man als Ältester noch mehr in der Gefahr steht, stolz zu werden, weil die Ältesten eine Führungsposition haben. Im Gegensatz dazu ist ein Diakon weniger anfällig für diese Sünde, weil er eher eine dienende Rolle hat. Zuletzt bedeutet der Titel „Aufseher“ (1Tim 3,2) eine allgemeine Oberaufsicht über das geistliche Wohl der Gemeinde, während der Titel „Diakon“ von einer dienenden Ausrichtung spricht.

Über die Schlussfolgerungen, die wir aus diesen Unterschieden bei den Anforderungen gezogen haben, gibt uns die Bibel keine weiteren Hinweise auf die Rolle der Diakone. Auf Grundlage des Vorbilds der Apostel und der sieben Männer in Apostelgeschichte 6 erscheint es jedoch am sinnvollsten, wenn wir die Diakone als Diener verstehen, die alle die Aufgaben übernehmen, durch die sie den Ältesten den Rücken freihalten können, ihre gottgegebene Aufgabe zu erfüllen, als treue Hirten die Gemeinde zu führen und zu leiten. So wie die Apostel die Verwaltungsaufgaben an die sieben Männer delegierten, sollen auch die Ältesten bestimmte Aufgaben an die Diakone delegieren, damit sie ihre Kraft an anderer Stelle investieren können. Infolgedessen hat also jede Ortsgemeinde die Freiheit entsprechend der Gegebenheiten vor Ort, selbst zu definieren, welche Aufgaben an die Diakone delegiert werden sollen.

Was könnte das heute sein? Die Diakone können für alle möglichen Aufgaben zuständig sein, die nicht unter Lehre und Gemeindeleitung zu zählen sind. Mögliche Aufgabenbereiche sind:

  • Gebäude: Die Diakone können für die Instandhaltung des Geländes oder des Gebäudes oder der Räumlichkeiten der Gemeinde zuständig sein. Dazu gehören Aufgaben wie: Aufbau für den Gottesdienst, Putzen und Aufräumen sowie Bedienen der Technik.
  • Wohltätigkeit: Ähnlich wie bei der täglichen Verteilung an die Witwen in Apostelgeschichte 6,1–6 können die Diakone die Mittel und Sachspenden verwalten und verteilen, die für Bedürftige gedacht sind.
  • Finanzen: Obwohl die Oberaufsicht über die Finanzen vermutlich in den Händen der Ältesten liegen sollte (Apg 11,30), empfiehlt es sich, die Diakone das Alltagsgeschäft übernehmen zu lassen. Dazu gehören die Sammlung und das Zählen der Kollekte, die entsprechende Buchführung usw.
  • Ordner: Die Diakone können z.B. dafür verantwortlich sein, die Handzettel für den Gottesdienst auszuteilen, Gästen und älteren Geschwistern zu helfen, einen Platz zu finden, oder das Abendmahl vorzubereiten.
  • Logistisches: Die Diakone sollten bereit sein, die Gemeinde in allen möglichen praktischen Bereichen zu unterstützen, damit die Ältesten sich auf die Lehre und die Führung der Gemeinde konzentrieren können.

Zusammenfassung

Während die Bibel den Ältesten aufträgt, die Gemeinde zu lehren und zu führen, ist die Rolle der Diakone eher auf den praktischen Dienst ausgerichtet. Das heißt: Sie sollen für die leiblichen oder weltlichen Anliegen der Gemeinde sorgen. Indem sie diese Angelegenheiten übernehmen, setzen sie die Ältesten frei, sodass diese sich auf die geistlichen Bedürfnisse der Gemeinde konzentrieren können.

Wenn die Diakone auch nicht die geistlichen Leiter der Gemeinde sind, so ist ihr Charakter doch enorm wichtig. Aus diesem Grund sollten wir die Anforderungen in 1. Timotheus 3 zum Maßstab für die Auswahl und den Dienst unserer Diakone nehmen.


Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit Evangelium21 übersetzt. Mehr evangeliumszentrierte Ressourcen gibt es auf evangelium21.net.

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